Grafik: geometrische Formen

PICTUREDESK.COM/DPA PICTURE ALLIANCE/WOLFGANG RIEGER

Radiokolleg

Musik und KI - Eine Geschichte der Rückkopplungen (4)

KI und der Mythos der Authentizität

Die Perfektion einer technologisch aufgerüsteten Musikproduktion hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine umgekehrt proportionale Sehnsucht nach Authentizität geweckt. Diese Nostalgie äußert sich auch im Rückgriff auf Musik aus technologisch primitiveren Vorzeiten. Bei Musikproduktionen verwendete Plug-ins simulieren bereits vorhandene "Vintage"-Technologie bis hin zur Animation auf dem Bildschirm kreisender Tonbänder.
Indessen hat gerade die florierende Reissue-Industrie wirtschaftliches Interesse daran, unveröffentlichtes Material vergangener, oft verstorbener Größen per KI in schimmernde Perlen zu verwandeln oder überhaupt neu zu erfinden. Spezialisierte Produzent:innen erschaffen mithilfe von KI authentisch klingende Geschichtsfälschungen. Können wir noch den Tondokumenten der Vergangenheit trauen, oder wird mit KI eine neue, revisionistische Musikgeschichte geschrieben? Und ist das überhaupt ein ethisches Problem?
Oder gibt es gar Musik, die die es "verdient", von KI kreiert zu werden, wie zum Beispiel Library Music, die mit Absicht stilgetreu aber unpersönlich neutral hergestellt wurde, oder vordringlich funktionale Dance Music?
Musiker:innen wie Dan Snaith alias Caribou setzen indessen in ihrem Schaffensprozess KI bewusst hörbar ein, um ihre Ambitionen von den Grenzen ihres physischen Könnens zu befreien, etwa indem Caribou in für ihn selbst unerreichbaren Timbres singt. Liegt darin im 21. Jahrhundert die wahre Authentizität?

Service

Radiokolleg-Podcast

Sendereihe