Skispringer Lanisek

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Punkt eins

Wird der Sprung im Kopf entschieden?

Skispringen, Streif-Abfahrt und Co: Über Wagnis, Risiko und Druck im Sport. Gäste: Thomas Morgenstern, dreifacher Olympiasieger im Skispringen, Hubschrauberpilot und Unternehmer & Univ.-Prof. Dr. Günter Amesberger i.R., Universität Salzburg, Obmann Olympiazentrum & Mirjam Wolf, Leiterin der sportpsychologischen Koordinationsstelle des Landes Tirol, Tirol Kliniken. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Von Adelboden über Kreischberg bis Zakopane: es sind die Tage des Wintersports, der spektakulären Sprünge, berüchtigten Abfahrten und großen Events. Oft hört man: das Rennen, das Springen, der Wettkampf werde im Kopf entschieden; erfolgreiche Athleten dürfen keine Angst haben. Stimmt das? Welche Rolle spielt die Psychologie im modernen Leistungssport? Und wie gehen Sportler:innen mit dem Druck und den Belastungen um?

Sie springen aus über 60 Meter Höhe, mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h, und fliegen, nur getragen von Luft, 150, 200 Meter weit - die Skispringer am Montag in Bischofshofen, mit einem ÖSV-Dreifachsieg. Sie stürzen sich die Stelvio-Piste in Bormio mit 63 % Gefälle hinab und fahren auf zwei Brettern bis zu 140 km/h. Oder sie schrauben sich akrobatisch durch die Luft und begeistern mit Salti und Sprüngen wie beim Big Air am Sonntag in Klagenfurt. Aber über konkrete Ängste wird nur selten gesprochen, allenfalls, wenn in zwei Wochen die Hahnenkammabfahrt ansteht: die Kitzbüheler Streif, mit einem Gefälle von bis zu 85 %. Psychische Belastungen thematisieren Sportlerinnen und Sportler oft erst nach schweren Unfällen oder wenn sie ihre Karrieren beenden.

"Ich habe nach dem zweiten Sturz gemerkt, als ich alles aufgearbeitet habe, wie groß die Überwindung ist, auf eine Schanze zu steigen. Die Überwindung saugt dich aus, du bist permanent nervös, der Puls schlägt aus. Wenn alles funktioniert, ist das Jubeln anstrengender als das Springen. Die mentale Komponente wirkte sich auf den Körper aus", erinnert sich Thomas Morgenstern, dreifacher Olympia-Sieger im Skispringen, vor zwei Tagen in einem Interview in der Tageszeitung Der Standard an seine Entscheidung, seine Karriere nach zwei schweren Stürzen vor 10 Jahren zu beenden. Dabei spielte auch Angst eine Rolle: die Angst, nicht mehr an sein Limit gehen zu können und damit seinem eigenen Anspruch nicht mehr gerecht werden zu können.

Sich zu verletzen, die Leistung nicht abrufen können, zu versagen - Druck begleitet viele Sportlerinnen und Sportlern, ob beim Marathon, Radfahren oder Boxen, beim Fußball, Tennis oder Klettern, beim Turnen, Segeln, Darts. "Angst darf man keinesfalls nur negativ sehen", sagt die Sportpsychologin Mirjam Wolf, die das österreichische Frauenfußballnationalteam und diverse Spitzenathlet:innen in verschiedenen Disziplinen betreut und berät. Sie leitet die Sportpsychologische Koordinationsstelle des Landes Tirol, Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG).

Sportpsychologisches Training geht untrennbar Hand in Hand mit dem körperlichen, sagt der Sportwissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Günter Amesberger, der nicht nur in Forschung und Lehre aktiv ist, sondern über viele Jahre u.a. heimische Skifahrer, Segler und das österreichische Herren-Fußball-Nationalteam betreut hat. Viele Glaubenssätze und Ängste rund um Sport und Bewegung haben ihre Wurzeln in der Schulzeit, im Sportunterricht.

Was löst also der Satz des Trainers "Ich sehe, du hast Angst gehabt" aus? Wie kann man mit der Angst, sich (wieder) zu verletzen umgehen; wie die vielzitierte Leistung abrufen, wenn ein anderer gerade gestürzt ist? Worum geht es beim mentalen und psychologischen Training und was können sich Laien davon abschauen? Und was belastet Athletinnen und Athleten tatsächlich: Wettkampfangst oder ein gestiegener Druck, zum Beispiel durch Kommentare in sozialen Medien, einen dichteren Wettkampfkalender oder gefährlichere Pisten?

In der Woche zwischen Bischofshofen, Madonna di Campiglio und Kreischberg sprechen Thomas Morgenstern, Mirjam Wolf und Günter Amesberger als Gäste bei Barbara Zeithammer über den Umgang mit Druck und die Bewältigung von psychischen Belastungen im Sport und wie immer sind Sie, unsere Hörerinnen und Hörer, sehr herzlich eingeladen, sich an dem Gespräch mit Fragen, eigenen Erfahrungen oder Beobachtungen zu beteiligen: Sie erreichen uns kostenfrei aus ganz Österreich telefonisch live während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder per Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer