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Betrifft: Geschichte
Die Burgenland-Amerikaner
Zur Geschichte der Auswanderung nach Südamerika
mit: Christian Cwik, Historiker am Centrum für jüdische Studien der Universität Graz, Generalsekretär der Vereinigung lateinamerikanischer und karibischer Historiker
24. Februar 2025, 15:55
Die dynastisch bedingten engen habsburgischen Verbindungen nach Spanien ermöglichten auch Untertan:innen aus den drei westungarischen Komitaten Moson, Sopron und Vas vor allem nachdem die Habsburger 1526 die ungarische Thronfolge angetreten hatten, sich in Iberoamerika niederzulassen. Auch unter den katholischen Missionaren in Südamerika findet sich der eine oder andere westungarische Jesuit. In den Wirren der Revolution von 1848/49 gelangte so mancher ungarische Revolutionär nach Lateinamerika, wo am Anfang des 19. Jahrhunderts liberale Republiken entstanden waren. Die Massenauswanderung aus Europa (ca. von 1860 bis 1914) erfasste auch die zukünftigen Burgenländer Westungarns, insbesondere Brasilien und Argentinien rückten in den Fokus der Emigration nach Lateinamerika. In der Zwischenkriegszeit stand das 1921 gegründete österreichische Burgenland an der Spitze der Auswanderungsstatistiken. In einzelnen Jahren zwischen 1924 und 1933 übertraf die burgenländische Auswanderung nach Lateinamerika jene in die USA, wohin prozentuell gesehen, die meisten emigriert waren (z. B. Chicago). Ein wesentlicher Grund dafür lag in dem 1924 in den Vereinigten Staaten in Kraft getretenen restriktiven Einwanderungsgesetz, das die massive Zuwanderung in das Land beschränkte. Die Motive für die Auswanderung waren vielfältig, in der krisenhaften Zwischenkriegszeit war es vor allem die Hoffnung auf Arbeit und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Während der Zeit des nationalsozialistischen Terrorregimes suchten burgenländische Jüdinnen und Juden Zuflucht auch in Lateinamerika. Nach 1945 waren es Nationalsozialisten, die sich über den Atlantik absetzten, um so der Nachkriegsjustiz zu entgehen. In den 1950er-Jahren kam es zur letzten Auswanderungswelle des 20. Jahrhunderts. Heute dürften in Südamerika rund 70.000 burgenländische Auswanderer und deren Nachkommen leben.
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