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Gedanken für den Tag

Lebenskunst des Alltags: Sensibilität

von Frank Berzbach, Philosoph und Autor

Den Vorwurf, man solle nicht so sensibel sein, verwenden Eltern, Vorgesetzte und Unholde gern, wenn sie ihr vulgäres Verhalten rechtfertigen wollen. Aber wer jemanden auf diese Weise zurechtweist und sich das Gegenüber grobschlächtiger wünscht, der sagt meist nur etwas über sich selbst.

So lange "Sensibilität" ein Schimpfwort ist, steht es schlecht um die Kultur. Die Welt ist nuanciert, sublim und verborgen - und sie in dieser Tiefe wahrzunehmen verlangt nach Empfindsamkeit. Nur eine Kunst, die uns daran erinnert, verdient ihren Namen. Sie ist es, die auf stille Weise empfindsamer machen kann. Der tiefer Empfindende sieht Unsichtbares, er findet mehr in der Welt als nur Objekte. Er ist reicher an Emotion - Glück ist eine davon.

An die Stelle der grassierenden Gewalt, der zerlegenden Analyse stellen wir vielleicht wieder mehr die Erotik. Alles beginnt mit einer zärtlichen Berührung, durch Worte, Musik oder ein Gemälde. Wir brauchen die Empfindsamkeit als Barbareiverhinderungssystem. Sie ist nur ein Hauch, ein Wink, ein Fingerzeig. Der Kampf gegen das Grobe erfordert den Griff zu den ganz feinen Pinseln, zu den filigranen Klängen. Am Buchstaben selbst machen die Serifen den Text erst lesefreundlich. Mich motiviert an all dem: Die Freundschaft mit dem Feinsinn trägt weit.

Irgendwann besteht diese Welt nur noch aus Details, mit denen niemand jemals fertig werden kann. Solche Unerschöpflichkeit ist ein Sinnbild für unser Leben. Das Sieb, durch das es läuft, sollte nicht zu grob sein, sonst können wir ihm nichts mehr entnehmen.

Service

Frank Berzbach, "Das Alphabet der Lebenskunst. Was dem Alltag Tiefe verleiht", Verlag bene! 2025

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johannes Brahms 1833 - 1897
Titel: Quintett für Klavier und Streicher in f-moll op.34
* Andante, un poco adagio - 2.Satz (00:09:03)
Klavierquintett
Ausführende: Amadeus Quartett
Ausführender/Ausführende: Norbert Brainin
Ausführender/Ausführende: Siegmund Nissel
Ausführender/Ausführende: Peter Schidlof
Ausführender/Ausführende: Martin Lovett
Solist/Solistin: Christoph Eschenbach
Ausführender/Ausführende: Siegmund NISSEL 1922 - 2008
Länge: 09:03 min
Label: DG 4198752

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