Eine Menge Leben

23. April 2025, 06:57

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Es braucht dazu mindestens den Mauersegler, der oft mit ihr verwechselt wird. Auch wenn sich die beiden in ihrem Aussehen ähneln, haben sie wenig gemein. Schwalben sind "Landlebewesen, die fliegen können. Anders die Mauersegler: Sie sind in der Luft so sehr zu Hause wie Fische im Meer", schrieb der Autor Charles Foster.

Mauersegler verbringen einen Großteil ihres Lebens im Flug, sie rasten nicht wie andere Vögel, sie sitzen auf keinen Ästen oder Leitungen. Allabendlich treffen sie sich zu Flugspielen, an denen sich die ganze Kolonie beteiligt: Mit schrillen Rufen kreisen sie dann weit oben, um sich immer wieder in gewagten Manövern nach unten fallen zu lassen. Mauersegler können Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h erreichen, sie jagen bis unter die Wolken. Werden sie müde, schlafen sie im Flug, vermutlich im Halbhirnschlaf. Gegen sie wirkt jeder andere Vogel plump.

In seinem Buch "Der Ruf des Sommers" folgt Charles Foster ihnen ein ganzes Jahr. Er erzählt von seiner Obsession, vom Zuruf eines Freundes, es sei doch nur ein Vogel. Widerlegt wird dieser Satz durch einen einzigen Mauersegler, den Foster in Mosambik beobachtet. In den vergangenen drei Stunden, die er sitzend verbracht habe, so Foster, könnte dieses Tier leicht "100 oder 200 Kilometer (...) geflogen sein. Er hat vielleicht 1000 Insekten erbeutet, ist über ein Frachtschiff aus Panama geschwirrt, das vor somalischen Piraten geflohen ist, hat Hyänen gesehen, die einer kranken Giraffe nachstellten (...). Das ist eine Menge Leben für drei Stunden. Der Mauersegler könnte 21 Jahre alt sein. Angesichts eines 21 Jahre langen Lebens wie diesem schäme ich mich meiner selbst."

Service

Buch, Charles Foster, "Der Ruf des Sommers. Das erstaunliche Leben der Mauersegler", Verlag Malik

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• Alexandra Mantler