Zwischenruf

"Grund und Ursach aus der Schrift"

Marco Uschmann, evangelisch-lutherischer Theologe und Pfarrer für Öffentlichkeitsarbeit, über Wählen in Bibel und Kirche

Demokratie - der Begriff kommt in der Bibel nicht vor. Wohl aber erzählt sie von Wahlen, wie etwa die von König Saul: Hier hatte Gott den König jedoch schon zuvor erwählt.

Oder beim sogenannten Apostelkonzil - wo viele Menschen aus verschiedenen Regionen zusammenkommen, und Entscheidungen treffen. Davon erzählt die Apostelgeschichte und hier ist vielleicht eine Spur von Demokratie und vom synodalen Gedanken zu spüren. Denn viele kommen zusammen, um eine Entscheidung zu treffen. Aber ein demokratischer Grundgedanke liegt hier wohl nicht zugrunde.

Anders am kommenden Sonntag, wenn auf der Synode der Evangelischen Kirche eine neue Bischöfin gewählt werden soll. Freilich: Es gibt nur eine Kandidatin - aber auch sie muss die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Synodalen erreichen. Ähnlich übrigens wie beim Konklave, wenn es - wie vor kurzem - einen neuen Papst wählt.

Wahlen haben eine lange Tradition in den evangelischen Kirchen. Gleich zu Beginn der Reformationszeit, 1523, haben die Evangelischen in Leisnig im deutschen Sachsen darauf gedrängt und durchgesetzt, dass die Gemeinde evangelische Prediger bekommt. Und der Reformator Martin Luther gab ihnen Recht: Er schreibt, "dass eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen. Das hat Grund und Ursach aus der Schrift".

War Luther nun der erste Demokrat? Sicher nicht - hat er sich doch mit einigen Landesfürsten zusammengetan und sich sehr deutlich gegen die Bauern und ihre Aufstände gewandt. Dennoch finden sich bei dem Reformator Gedanken, die die Gleichheit aller Menschen als gegeben sehen und so zu demokratischen Strukturen führen. So schreibt Luther 1520: "Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, daß es schon zum Priester, Bischof oder Papst geweihet sei."

Dieser Gedanke - dass vor Gott alle Menschen gleich sind, hatte Folgen. Die Luther vielleicht selbst nicht alle klar gewesen sind. Zunächst aber führte er zu der Forderung und Einführung von Bildung für Buben und Mädchen, wie die Loosdorfer Schulordnung 1574 zeigt. Oder dass Frauen Pfarrerinnen, Superintendentinnen - wie jüngst in Kärnten geschehen - und Bischöfinnen werden können. Diese Möglichkeit wurde allerdings erst Jahrhunderte später eröffnet.

Klingt alles sehr demokratisch. Aber eine Synode ist kein "Parlament der Kirche", wie oft gesagt wird. Eine Synode ist vielmehr ein geistliches Instrument, mit Gottesdienst zu Beginn der Sitzungen. Die Kirche bedient sich demokratischer Regeln, wie Parlamente dies tun. Sie tut dies bewusst, denn sie weiß um die Bedeutung und den Wert der Demokratie mit all ihren Facetten. Dazu gehören auch politische Äußerungen und zivilgesellschaftliches Engagement. Denn die evangelischen Kirchen wissen sich dem Evangelium verpflichtet und werden daher niemals müde werden, sich für die Menschen einzusetzen, sei es in Wort und Schrift - wie jüngst beim Gedenken der Befreiung des ehemaligen KZ-Mauthausen

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Weston
Album: REFLECTIONS
Titel: Little Niles/instr.
Solist/Solistin: Dollar Brand /Piano
Länge: 06:08 min
Label: Black Lion 760127

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