Zwischenruf

Die Reise zur Weisheit

von Emma Lipka, Studentin aus Niederösterreich

Weisheit. Sie wird normalerweise eher älteren Menschen zugeschrieben. Allzu oft habe ich schon Sätze gehört wie "Mit dem Alter kommt die Erfahrung und mit der Erfahrung kommt die Weisheit." Ich will diese Ansicht gar nicht bestreiten. Meiner Meinung nach macht es schon Sinn, es so zu sehen: dass man eben aus dem Leben etwas lernt. Aber trotzdem möchte ich, obgleich ich noch keine 20 Jahre alt bin, zumindest versuchen, mir über den Begriff der Weisheit Gedanken zu machen.

Wenn ich so über das Wörtchen Weisheit nachdenke, fällt mir eine konkrete Stelle aus dem Buch der Könige des Alten Testaments ein: Salomon erbittet sich von Gott ein "Hörendes Herz". Er möchte die Weisheit, "das Gute vom Bösen zu unterscheiden", weil er selbst "jung und unerfahren" ist. Mich persönlich fasziniert es, dass ich mir Jahrtausende später das gleiche wünsche: dass ich dem, was mir das Leben bringen mag, mit Weisheit begegnen kann.

Eines ist mir aber definitiv klar: Ich bin, wie ich bereits ausgeführt habe, noch nicht am Ende der Reise zur Weisheit angekommen. Darüber bin ich ehrlich gesagt sehr froh. Denn wäre ich bereits vollkommen weise, was würden mir die Erfahrungen, die im Leben noch vor mir liegen, denn dann noch bringen? Welchen Sinn hätte es außerdem, wenn ich mir in meinem Studium Wissen hole? Weiser könnte ich durch dieses Wissen nicht werden und die Logik des Begriffs Studium müsste ich auch hinterfragen, bedeutet dieses Vokabel auf Latein doch so viel wie Eifer oder Streben. Dass ich aber nicht nach der Weisheit streben könnte, wenn ich sie schon hätte, das ist mir klar.

Deshalb kann ich, so denke ich, zu Recht glücklich darüber sein, dass mir noch genug Zeit bleibt, nicht nur, um zu studieren und dabei über solche Dinge wie die Frage nach der Weisheit zu reflektieren, sondern auch, um durch Erfahrungen, die ich in bestimmten Situationen meines Lebens mit anderen Menschen oder auch alleine mache, Weisheit zu sammeln. Jedoch selbst wenn ich dann - so es das Leben zulässt, was ich aber stark hoffe - einmal alt und hoffentlich auch irgendwie weise geworden bin, so wird mir bis zum Schluss immer noch etwas fehlen - es wird immer noch eine weitere zu machende Erfahrung geben. Genau das finde ich eigentlich auch gut so, denn das macht die Reise zur Weisheit doch gerade so spannend: zu wissen, dass sie für mich niemals enden wird.

So werde ich dann also einmal meinen Kindern und Enkelkindern, sollte ich denn welche haben, das bisschen Weisheit, das ich im Laufe meines Lebens gesammelt haben werde, mitgeben wollen; und sie werden es, so hoffe ich, auf ihrer eigenen Reise zur Weisheit mitnehmen. Aber bis dahin ist noch viel Zeit. Jetzt liegt es erst einmal an mir, die Weisheit, die ich von denjenigen, die älter als ich sind, bekomme, auf meiner Reise mitzunehmen. Ja, das möchte ich nur zu gern tun.

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