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Betrifft: Geschichte
75 Tage
Die sowjetische Besatzung von Graz 1945
mit: Barbara Stelzl-Marx, Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Graz und Leiterin des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung in Graz, Wien und Raabs
11. Juli 2025, 15:55
"Wer wird uns befreien? Die Russen glaube ich nicht", schreibt ein Grazer am 8. Mai 1945 in sein Tagebuch. Und fügt am nächsten Tag hinzu: "Und heute Nacht um 2 kam die Rote Armee". Unmittelbar nach Kriegsende befinden sich im Mai 1945 gleich fünf Besatzungsmächte in der Steiermark. Der Großteil des Bundeslandes ist jedoch unter sowjetischer Kontrolle. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 marschieren die Truppen der Roten Armee in Graz ein und übernehmen die Stadt - widerstandslos. Elf Wochen lang dauert die sowjetische Besatzung der Stadt. Elf Wochen, die nicht ohne Folgen bleiben für den Alltag der Bewohner und Bewohnerinnen. Wie auch andere österreichische Großstädte ist Graz bei Kriegsende von schweren Bombenangriffen verwüstet. Es herrscht Wohnungsknappheit. Plünderungen, Verschleppungen und sexuelle Übergriffe durch die Rotarmisten sorgen für Unsicherheit und emotionale Belastungen. Die Versorgung mit Lebensmitteln oder Rohstoffen wie Kohle aus nicht-sowjetischen Teilen der Steiermark wird zu einer ständigen Herausforderung des Alltags. Im Juli werden die Zonengrenzen von den Alliierten im ersten Kontrollabkommen neu definiert - die Steiermark fällt zur Gänze an Großbritannien. Am 23. Juli erfolgt die Übergabe an die britische Armee. Die sowjetischen Truppen verlassen damit auch Graz.
75 Tage dauerte die sowjetische Besatzung der Stadt. Welche Spuren hat diese Zeit hinterlassen? Dieser Frage ist Barbara Stelzl-Marx mit ihrem Team in einem Forschungsprojekt am Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Uni Graz nachgegangen. Durch die Erkenntnisse des Projekts und dank zahlreicher Gespräche mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen ist ein vielschichtiges Bild entstanden, in das die Historikerin Einblick gibt.
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- Barbara Volfing