Radiokolleg

Maria von Herbert und die Entdeckung der Freiheit (1)

Großer Kant, zu dir ruf ich um Hilf

In einer sterbensunglücklichen Liebesangelegenheit sucht die junge Kärntnerin Maria von Herbert 1791 verzweifelt Rat bei Immanuel Kant. Daraus entspinnt sich ein Briefwechsel, der sich um die Frage dreht, wofür es sich zu leben lohnt - und eine vergessene Denkerin zeigt, die unerschrocken ihren Weg ging.

Im August 1791 erreicht Immanuel Kant ein erschütternder Brief. In höchster Verzweiflung bittet ihn eine junge Dame "um Hilf, um Trost, oder um Bescheid zum Tod". Sie schildert, wie sie die Zuneigung ihres Geliebten verlor, weil sie diesem ein früheres Verhältnis verschwieg - und wie ihr dadurch unklar wird, wofür sie überhaupt noch leben soll. Ihr Herz zerspringe in tausend Stück, und wenn sie nicht schon so viel vom Philosophen gelesen hätte, hätte sie ihr Leben "gewiß schon mit gewalt geändet". Die Autorin des Briefes ist Maria von Herbert, eine 22 Jahre junge Baronesse aus Klagenfurt. Im Haus ihrer Familie trifft sich damals ein Kreis junger Menschen, der begeistert die Ideen von Aufklärung und Französischer Revolution diskutiert - der "Herbertkreis", zu dem auffällig viele Frauen zählen. Besonders die Schriften Kants erwecken den Enthusiasmus der jungen Frauen und Männer, eröffnen sie ihnen doch die Aussicht auf eine sittliche Lebensführung, die sich von den Zwängen von Religion und Tradition lossagt. In ihren Diskussionen machen sie damit die Entdeckung der Freiheit - und geraten deshalb bald in das Visier der Staatspolizei.

Gestaltung: Barbara Volfing & Miguel de la Riva

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