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Gedanken für den Tag
Le Corbusier und der Marais
Martina Pippal, Kunsthistorikerin und Künstlerin, zum Todestag von Fritz Wotruba und Le Corbusier
27. August 2025, 06:57
Filmmaterial aus den 1930er Jahren zeigt den schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier als Vortragenden, wie er seine Ideen als quasi alternativlos propagiert.
Seine weltweite Vortragstätigkeit, seine theoretischen Schriften, Publikationen, sein internationales Netzwerk und seine oft radikalen Bauten bewirkten den enormen Einfluss, den er auf die globale Entwicklung der modernen Architektur und Stadtplanung nahm.
Aber nicht bei jedem Projekt werden wir bedauern, dass die Realisierung unterblieb. So erschien ihm 1925 der Marais, das Pariser Stadtviertel am Nordufer der Seine, als blanker Horror. Zugegeben: Das Viertel war damals tatsächlich heruntergekommen. In irregulär geführten Straßenzügen lehnten sich windschiefe Handwerkerhäuser an einst prachtvolle Stadtpaläste, welche seit der Vertreibung des Adels im Zuge der Französischen Revolution (1789) verkommen waren. 1925 forderte Le Corbusier, den Marais zu schleifen und stattdessen 18 sechzigstöckige Hochhäuser, alle nach einem (seinem) Modell, mit weiten Freiflächen dazwischen hochzuziehen. Der Verkehr sollte unterhalb der Wohnbauten auf Stadtautobahnen ungehindert durchfluten. Die Parkplätze der Bewohner sah er nahe bei den Eingängen der Wohnhäuser vor. Das Projekt kam nicht zur Ausführung.
Es war der Schriftsteller André Malraux, der als Kulturminister unter Charles de Gaulles den architektonischen Niedergang des Marais 1962 stoppte. Heute wird dieses Viertel als besonders ursprünglich hochgeschätzt. Der österreichische Philosoph Paul Feyerabend sagte einmal, man könne etwas vom Wiener Kunsthistoriker Alois Riegl - wir reden nota bene über einen Gelehrten der Zeit um 1900! - lernen. Der von Riegl verwendete Begriff "Kunstwollen" verdeutliche, dass die Erreichung eines neuen Wertes immer mit der Aufgabe eines alten verbunden sei. Es gäbe kein simples "Besser" ohne Verlust.
Service
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Henri Betti
Album: Rhythmische Sieben / Aufnahmen aus den Jahren 1951 - 1953
Titel: C'est si bon (Slowfox)
Ausführende: Rhythmische Sieben
Leitung: Richard Priessnitz
Länge: 01:00 min
Label: CD KOPIE unbekannt MONO