ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Radiokolleg
Berliner Echtzeitmusik (4)
Stadt als Klanglabor
18. September 2025, 09:45
Berlin ist seit jeher ein Labor für radikal offene Klangkunst. Wie vielfältig und widerständig die Berliner Konzertlandschaft ist, spiegelt sich besonders in ihren experimentellen, ortsspezifischen Konzertformaten wider: in leerstehenden Ladenlokalen, Einkaufszentren, verlassenen Wasserspeichern, auf Fabriksgeländen, an geheimen Orten oder auf dem Friedhof werden Nutzfläche umgedeutet, Leerstände wiederbelebt und zu Resonanzkörpern umfunktioniert. Dabei machen die diversen klanglichen Erkundungen scheinbarer und unscheinbarer Orte Berlins, nicht nur auf die vielfältig nutzbaren Klangräume der Stadt aufmerksam, sondern sie verhandeln bewusst oder unbewusst zugleich die Frage nach der Nutzung von Freiflächen im öffentlichen Raum und gesellschaftlicher Relevanz von Kunst. Insbesondere für experimentelle Musikformate, die ohnehin selten auf kommerziellen Ertrag setzen können, bedeuten sinkende Fördermittel, wie die aktuellen Kürzungen im deutschen Bundeshaushalt ( allein für den Musikfonds sind die Mittel um rund 50 % im Vergleich zum Vorjahr gekürzt) und des Berliner Senats, ein bedrohliches Vakuum. Zugleich werfen aktuelle kulturpolitische Einschnitte aber Fragen nach gewachsenen strukturellen Abhängigkeiten auf und machen die Notwendigkeit deutlich, neue, alternative Fördermodelle zu entwickeln. Kira David unternimmt einen Streifzug durch leerstehende Einkaufszentren, durch das Labyrinth eines Wasserspeichers und die kulturpolitische Landschaft der deutschen Metropole.
