Radiokolleg spezial

Im Fluss - die Theiß entlang von Transkarpatien bis zur Donaumündung (1)

Vom Ursprung bei den Huzulen bis Sapanta

Tisa, Tisza, Theiß: ein Fluss, der mit seinen 966 Kilometern Länge der längste Nebenfluss der Donau ist und einige Länder, Sprachen und Kulturen verbindet. Und doch wird er nicht besungen wie die große Schwester.
Von ihrem Ursprung im westukrainischen Transkarpatien, wo sich die schwarze und die weiße Theiß verbinden, trennt sie das derzeitige Kriegsgebiet und Nicht-Schengen-Mitglied Ukraine von Rumänien. Ein Stacheldrahtzaun begleitet den Fluss viele Kilometer, ehe er sich über einen Winkel der Slowakei nach Ungarn und schließlich Serbien aufmacht - entlang unberührter Landschaften und geschichtsträchtiger Regionen.

1918 war ein einschneidendes Jahr für viele Menschen in Transkarpatien: die von Grundbesitzern unterdrückten Bewohner der waldreichen Umgebung, die Huzulen, errichteten für einige Monate eine Republik. Lange währte die Eigenständigkeit nicht, bald eroberte die rumänische Armee den Hauptort Jassinja. Heute versucht man, mit altem Handwerk, dem regionaltypischen Brynza/Brimsen und der Schönheit der Westkarpaten Tourist:innen anzulocken. Ein schwieriges Vorhaben in einem Kriegsgebiet, wenngleich abseits der Kriegshandlungen. Der Flussname hängt übrigens eng mit den umgebenden Wäldern zusammen: Tisa bedeutet Eibe, das begehrte Holz wurde früher - wie auch das Salz der nahen Salzminen - mit Flößen stromabwärts gebracht.
Wie viele Mittelpunkte Europas es gibt, ist nicht ganz gewiss, aber je nach Standpunkt von nationalem Interesse. Einer liegt nahe der Stadt Rachiw direkt an der Theiß, verewigt in einem geodätischen Denkmal aus der Habsburgermonarchie. Die Eisenbahnbrücke über den Fluss, erbaut von italienischen Ingenieuren, wurde jahrzehntelang nicht genutzt, heute ist sie wieder in Betrieb. Und nicht wenige Einheimische tragen bis heute italienische Familiennamen.
Gleich jenseits der ukrainisch-rumänischen Grenze, wenige hundert Meter südlich der Theiß kann man im Ort Sapanta eine lokale Berühmtheit besuchen: den Cimitrul vesel, den lustigen Friedhof. Die Bilder und Texte auf blitzblauem Hintergrund erzählen vom Leben und Sterben der Einheimischen, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Service

Radiokolleg-Podcast

Sendereihe

Gestaltung

  • Sonja Bettel