Junge Frau mit Kopfhörer

PICTUREDESK.COM/DPA PICTURE ALLIANCE/DMITRII MARCHENKO

Punkt eins

Musikalisiert die Verhältnisse - jetzt!

Plädoyer für mehr "Offenohrigkeit". Gast: Ullrich Fichtner, Journalist, Autor. Moderation: Alexander Musik. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

"Wie viele weitere empirische Studien, dass Musik gesund und förderlich ist, braucht es denn noch?", fragt Ullrich Fichtner ungläubig am Schluss seines Buches "Die Macht der Musik": "Wie oft soll noch gezeigt werden, dass Demenz- und Schlaganfallpatienten, Depressive, lernschwache Jugendliche, Parkinsonkranke, sprachlich verspätete Kinder, Stotterer, Frühgeburten, Gefängnisinsassen, Intensivpatienten, werdende Mütter, Hochbetagte von Musik profitieren?"

Der Autor, Reporter beim "Spiegel", verweist auf diverse Studien zum Thema, die sich längst zu hohen Stapeln um seinen Schreibtisch getürmt haben, und - kurz gefasst - alle auf dasselbe hinauswollen. So, wie es auch die Weltgesundheitsorganisation WHO in einem Bericht von 2019 festhält: dass nämlich "die gesamte Beweislage einen starken Einfluss der Künste auf die geistige und körperliche Gesundheit zeigt."

Effekte auf die "Musikalisierung" der Gesellschaft scheinen all diese Forschungsergebnisse keine oder viel zu wenige zu haben, bedauert Fichtner, selbst leidenschaftlicher Musikkenner und -hörer. Stattdessen erlebt er Kürzungen von Kulturbudgets und Musikunterricht und scheinbar ignorante EntscheidungsträgerInnen, die nach wie vor in MINT-Fächer investieren, zu Lasten des Musischen.

Fichtners Buch beschränkt sich aber nicht darauf, die medizinisch und sozial wohltuende Wirkung der Musik zu beschreiben, der Autor vergisst auch die Ästhetik nicht: Das Mahler-Festival 2025 im Amsterdamer Concertgebouw wird ihm zum einmaligen Fest, wenn er die verschiedenen auftretenden Orchester so unterschiedlich mit dem Material der Mahler-Sinfonien umgehen hört.

Die Wirkung, die es hat, wenn geniale Partituren vollendet musiziert werden, ist das Eine, doch Fichtner will bei aller Liebe zu Mahler den Bogen weiter spannen - und die Gräben zwischen E- und U-Musik endlich zuschütten helfen. Er erzählt von seinem bereichernden Besuch der "Womex", der weltgrößten Weltmusik-Messe, und den überreichen Klangwelten, die ihn - den "Offenohrigen" dort verzauberten.

Fichtner besucht legendäre Jazz-Festivals, hört sich in Donaueschingen durch sperrige zeitgenössische Klänge oder spricht mit dem Radiomoderator Fritz Egner, Urgestein im Bayerischen Rundfunk, der als Kind im Nachkriegsdeutschland Little Richards "Tutti Frutti" hörte und fortan lebenslang Rock ,n' Roll, Soul, Blues - und "seinem kleinen klappbaren Plattenspieler" verfallen war: "mein Raumschiff, mein Notarztkoffer, mein Rettungsboot".
"Ich habe mich ein Jahr lang gezielt und zuvor jahrzehntelang ziellos dort herumgetrieben, wo Musik spielt", schreibt Fichtner. Musik, erlebbar durch 86 Milliarden Gehirnzellen - ein biologisches Wunder.

Alexander Musik spricht mit Ullrich Fichtner über seine Reise zu den Orten der Musik und die Wirkung, die sie auf ihn - und uns alle - hat.

Wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen. Kostenlos aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen; oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Halten Sie sich für "offenohrig"? An welche musikalischen Glücksmomente können Sie sich erinnern? Welcher Art von Musik setzen Sie sich aus? Lassen Sie sich gerne musikalisch überraschen? Sind Sie selbst aktiv in einem Chor oder Orchester und warum?

Service

Ullrich Fichtner: Die Macht der Musik. Über ihre Kraft, unser Leben glücklicher und unsere Gesellschaft gerechter zu machen. DVA, 2025.

Sendereihe

Gestaltung

  • Alexander Musik

Playlist

Untertitel: Fred Wesley
Titel: House Party
Ausführende: Nils Landgren Funk Unit
Label: ACT Music

Untertitel: Serge Gainsbourg
Titel: Je t'aime, moi non plus
Ausführende: Brigitte Bardot; Serge Gainsbourg

weiteren Inhalt einblenden