Gedanken für den Tag
von Michael Krassnitzer. "Vom Ende der Unschuld" - zum 100. Geburtstag des Schriftstellers William Golding
24. September 2011, 06:56
Der britische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger William Golding wäre am 19. September 100 Jahre alt geworden. All seinen Werken ist ein pessimistischer Grundtenor eigen, dennoch handelt es sich um Allegorien auf grundlegende menschliche und gesellschaftliche Konflikte, reich an Anleihen aus der christlichen Symbolik und der Mythologie. Sein Hauptwerk "Herr der Fliegen" dreht sich um die Gegensätze von Zivilisation und Barbarei, Demokratie und Gewaltherrschaft, Individuum und Gruppe, Rationalität und Emotionalität - und ist ein Plädoyer für ethisches Handeln.
Über ein halbes Jahrhundert später hat dieses Werk nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt, ist Michael Krassnitzer überzeugt.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.
William Golding war ein ausgezeichneter Pianist und hätte als junger Mensch beinahe eine musikalische Karriere eingeschlagen. Aber er verabscheute Popmusik. "Ich möchte eine Stimme von oben", bekannte Golding - und die hörte er zum Beispiel in der klassischen Musik und in der Poesie, aber nicht in der Popmusik. Sein ihm freundschaftlich verbundener Nachbar Pete Townshend, der Kopf der Rockband The Who, versuchte den Literaturnobelpreisträger von den Qualitäten der Popmusik zu überzeugen. Vergebens. Jene, die vor dem Zweiten Weltkrieg geboren sind, würden wohl für immer ein anderes Kunstverständnis haben als die später Geborenen, seufzte der Rockmusiker.
Golding lehnte Popmusik ab, weil er darin keine Spiritualität und keine echten Emotionen erkennen konnte. Da irrte er gewaltig, wie ich meine. Aber - und das ist ihm hoch anzurechnen - er verurteilte die Popmusik nicht als etwas Minderwertiges oder Zweitklassiges. Der Literaturnobelpreisträger hatte zeitlebens keine Berührungsängste gegenüber der sogenannten leichten Muse. Er las Homer im Original mit derselben Begeisterung wie zeitgenössische Science Fiction.
In seiner Schulzeit hatte er die Standesdünkel und die Distinktionsmittel der oberen Gesellschaftschichten hassen gelernt. William Golding machte keinen Unterschied zwischen Kunst und Unterhaltung, zwischen E und U. "Ich habe nie die Aufregung verstanden, die um die Frage 'anspruchsvoll oder anspruchslos' gemacht wird", sagte er einmal: "Wenn man Altgriechisch mag, dann liest man eben altgriechisch. Wenn man Tennis mag, dann spielt man eben Tennis."
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Playlist
Titel: GFT 110924 Gedanken für den Tag / Michael Krassnitzer
Länge: 03:45 min