Gemeinsam erinnern
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Kriegsende in Osttirol
Peter Steiner, Jg. 1937 - 30. Juni 2025, 18:43
Ich bin zwar in Baden geboren und in Baden aufgewachsen, bin aber 1944 mit meiner Mutter in das Tal ihres Vaters und ihrer Ahnen in Sankt Jakob in Osttirol gefahren, um den "Endsieg" abzuwarten, In der Alpenfestung, wie meine Mutter mir erklärt hat. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter, wie auch mein Vater Partei Mitglieder der NSDAP waren, dass beide überzeugte Nationalsozialisten waren und das in meinem Kindheitsumfeld überhaupt nur Nationalsozialisten in Erscheinung getreten sind. Ich kann mich an nichts anderes erinnern. Jetzt geht es um das Kriegsende 1945 im Mai. Ich kann nicht beschwören, dass es sich tatsächlich um das Kriegsende oder um Hitlers Tod gehandelt hat, der Ende April im Radio verlautbart wurde, dass er heldenmütig im Kampf gefallen sei. Auf jeden Fall bin ich damals mit meiner Mutter von unserem Gehöft am Berghang hinunter auf den Dorfplatz gegangen, wo vor dem einzigen höheren Haus, das dort existiert hat, in Sankt Jakob vor dem Hotel Post ein Fahnenmast war, wo sich Nationalsozialisten, die bei der Stange geblieben sind, also keine Wendehälse waren, wie es damals geheißen hat, versammelt haben. Und die deutsche Reichsflagge wurde auf Halbmast gesetzt und ich als siebeneinhalb jähriger Bub bin dort an Seite meiner Mutter gestanden, im Kreis eines Grüppchen von Nationalsozialisten und habe mit zum Hitlergruß erhobener Hand die deutsche Nationalhymne gesungen.
Flucht aus Graz 1945
Herr Reinitzer - 30. Juni 2025, 09:03
Also im Jahre 1945 im März wurde die Bevölkerung aufgefordert die Gebiete um Graz zu verlassen und möglichst nach Norden zu flüchten, weil die Front schon in der Oststeiermark war. Man hat sie schon schießen gehört. Ich wollte dann mit meiner Familie von einem Bauernhof, der circa zehn Kilometer nördlich von Graz ist, aufbrechen und haben alles vorbereitet, haben zwei Pferdefuhrwagen beladen mit allen notwendigen Dokumenten und was man halt alles bei einer Flucht mitnimmt und haben vorgehabt, am 31. März loszuwandern. Die beiden Wagen sind gezogen worden von Pferden. Und als wir dann starten wollten, haben wir bemerkt, dass ein Pferd gestohlen wurde. Jetzt haben wir einen der Wagen mit zwei Pferden bespannt und einen mit einem Pferd, nur weil das zweite gestohlen war und sind losgefahren, das war der 31. März. Und als wir kurz einige Kilometer gefahren sind, hat mein Onkel gemerkt, da ist ein anderes Fahrzeug gewesen mit diesem gestohlenen Pferd. Er ist hingegangen und hat mit den Leuten gesprochen. Und die hätten, all ihr Habe, das sie auf einen kleinen Wagen gehabt haben, hinten lassen müssen, hätten das Pferd ihm zurückgeben müssen und er hat aus diesem Grund gesagt, er verzichtet auf das Pferd. Sie können das behalten weil sie auf der Flucht waren und hat ihnen das Pferd überlassen. Wir sind dann in der Nacht bis kurz vor Frohnleiten gefahren. Die Straßen waren voll von Flüchtenden. Das heißt, das sind vorwiegend Handkarren, Fahrräder, Pferdefuhrwerk. Ganz wenige Autos, Autos und sind damals mit Holzgas betrieben worden. Weil kein Treibstoff vorhanden war, sind alle umgebaut worden. Und so sind wir in der Früh des 1. April, es war der Ostersonntag, kurz vor Frohnleiten zu stehen gekommen, denn damals kreuzte noch die Bundesstraße die Bahn. Und es war der Bahnschranken zu. Es waren also Tausende von Menschen, die sich vor den Schranken gestaut haben; so sind wir dort gestanden. Plötzlich sind zwei Flugzeuge über den Bergrücken gekommen. Das waren solche Doppelrumpfflugzeuge, solche amerikanischen Jagdflugzeuge, und sind über uns drüber geflogen, haben dann abgedreht und sind plötzlich von Süden im Tiefflug gekommen und haben in diese Menschenmassen hineingeschossen. Es war ein Durcheinander. Es war ganz, ganz schrecklich. Wegen dieses Zuges sind ja die Schranken zu gewesen. Und die Lokomotive dieses Zuges wurde kaputtgeschossen und konnte nicht weiterfahren. Daher war stundenlang der Schranken geschlossen. Und das war wirklich ein Chaos.
29 Heimatvertriebene aufgenommen
Frau Zach, Jg. 1938 - 27. Juni 2025, 16:32
Ich war sechs Jahre alt in 45er Jahr am 6. Juni, da haben wir haben wir auf einer Wiese gearbeitet, und da ist ein Zug von Menschen auf der Straße runtergekommen von der anderen Ortschaft. Da hab ich noch zehn Kilometer von der Grenze in meinem Elternhaus gewohnt. Mein Vater war damals Ortsvorsteher, und wir haben eine neu gebautes Haus gehabt, wo noch niemand drin gewohnt hat. Und da war dann 29 Flüchtlinge aufgenommen. Da war von Holleschitz (Anm.: heute Holešice) der Bürgermeister dabei mit neun Kindern. Und der ist getragen worden auf so Brettern. Den haben die die Tschechen so geschlagen, dass er am ganzen Körper ganz blau war. Und der hat bei uns dann von Juni bis nächsten Juni, wo sie nach Deutschland gekommen sind, nur Pudding, Milch und Semmeln und Biskotten gegessen. Und bei uns hat er noch das Jahr gelebt und in Deutschland draußen ist er gestorben. Meine Mutter hat ihm damals alle Kopfpolster mitgegeben, die sind dann beim Hinauswandern im Juni in einen Viehwaggon hineingekommen, wo nichts drinnen war, nur in der Ecke ist ein Kübel gestanden für die Notdurft. Meine Mutter hat ihm für alle Kopfpolster und Decken mitgegeben und es wurde immer wieder betont, dass sie gut nach Deutschland gekommen sind, weil sie bei uns gut behandelt worden sind. Und wie sie hergekommen sind, hat meine Mutter gerade Brot gebacken. Zwölf Laibe, und die hab ich von unserem Haus zum anderen getragen und dazu eine Milch, und das ist dann meine Erinnerung an 45.
Erniedrigungen zu Kriegsende
Gertrude Liegl - 27. Juni 2025, 16:30
Beschreibungen über Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten zu Kriegsende
Ich erinnere mich auch noch, wie einmal mir sehr bekannte und lieb gewordene ältere Leute vor dem Werkstor die Steine der Straße reinigen mussten ! Alte Frauen und Männer knieten da im Staub und schruppten oft weinend stundenlang (ich verstand damals den Grund nicht, wusste aber sofort, dass diese Arbeit mit Bösem zu tun hat), und junge Männer feuerten sie an, es war schrecklich! Ein mir bekanntes Ehepaar sah ich dann lange nicht, aber nach Jahren fand mein Vater sie in einer Mansarde im nächsten Ort, versteckt von guten Menschen. Diese Dame war früher eine Pianistin. Wir bekamen nach dem Krieg eine größere Wohnung, aber in der Nähe der alten und jener dieses jüdischen Ehepaares. Da stand ein wunderschöner Flügel im Wohnzimmer! Mein Vater, Trompeter und Kapellmeister, untersuchte das Klavier und fand tatsächlich ein Schild innen mit dem Namen dieser Dame. Er begann sie zu suchen, glaubte nicht an ihren Tod, und die Freude war für beide riesig, als er ihr den Fund berichtete. Sie wusste das Klavier bei uns in besten Händen, also redete sie mir zu, gleich Stunden zu nehmen und darauf zu üben, bis sie wieder eine eigene Wohnung hätten. So geschah es, inzwischen ersparten meine Eltern das Geld für einen übertragenen Stutzflügel, und der steht heute bei mir, meine Kinder und Enkelkinder kennen die Geschichte, denken ebenso wie ich beim spielen an das Schicksal dieses Paares und die waren meinem Vater bis zu ihrem Tod dankbar für seine Aufrichtigkeit!
Himmlische Christbäume
Gertrude Liegl - 27. Juni 2025, 16:26
Bombenwarnungen in Ternitz
Ähnlich aufregend waren die „CHRISTBÄUME“, die nachts über den gesuchten Objekten abgeworfen wurden, um die Bomben treffen zu lassen. Meist ging es sich aus, von der 1. Warnung bis zum Angriff in den Keller zu laufen, wo die meisten Familien damals für sie wertvolle Dinge (bei uns Tuchenten, Bettzeug…) einmauerten für „nach dem Krieg und wenn die Männer wieder daheim sind. Dort saßen wir dann alle schweigend und starr vor Angst. Wenn mehr Zeit blieb, konnten wir zwischen Vorwarnung und FLIEGERALARM den Kinderwagen mit meiner kleinen Schwester, bereitgestellt mit mindestens Wasser, Brot und Babysachen sowie Westen und Hauben, über die Gfiederstraße in die BUNKER unterm Gfieder (unser Hausberg) laufen. Dort saßen wir dann stundenlang eng aneinandergeschmiegt auf kalten Holzbänken und warteten auf Entwarnung! 2 x haben wir Bombeneinschläge in nächster Nähe überlebt, aber auf der Gfiederstraße wurden einige Familien in ihren Häusern tödlich bombardiert.
Tiefflieger
Gertrude Liegl - 27. Juni 2025, 16:20
Geschichte von Tieffliegern in Ternitz
Meine Mutter hatte eine Tante im nächsten Haus, aber dazwischen lief eine Sandstraße, die auf beiden Seiten vor den Häusern grüne Stauden hatte.
Wir Kinder wussten, sobald Voralarm tönte, müssen wir -egal, wo wir gerade spielten – sofort nach Hause laufen. Zu Kriegsende war es wieder einmal so, dass die Russen besonders Wiener Neustadt, die Südbahn und das Edelstahlwerk in Ternitz bombardieren wollten. Es gab spät nachmittags diesen Warnalarm, dass Flieger kommen, ich lief heim in der 1. Stock, aber meine Mutter war nicht da (Papa war ja noch im Krieg)! Verzweifelt lief ich in den Hof, da schrie meine Mutter schon vom drüberen Haus, ich soll schnell zu ihr laufen. Nach einigen Schritten hörte ich aber den Tiefflieger, ohne die Gefahr richtig zu kennen! Noch vor der Straße hörte ich Mutti rufen: „Wirf Dich in die Stauden“ und tat es. Ich sah hinauf, im offenen Flugzeug saßen 2 Soldaten mit Sturmhauben und einer mit Gewehr im Anschlag, ca. 20 m über mir -ich sehe die Gestalten heute noch deutlich, im Gesicht hatten sie große Brillen, ich war steif vor Angst, aber als die erkannten, dass es sich um ein Kind handelt, zog er das Gewehr zurück und weg waren sie! Ich zitterte noch lange und respektierte dieses Wunder, nicht erschossen worden zu sein.
Vater mit 6 Jahren kennengelernt, er blieb fremd
Frau Six - 27. Juni 2025, 15:39
Meinen Vater habe ich eigentlich erst mit 6 Jahren richtig kennen gelernt, weil ich bin 38 geboren und er ist 38 eingerückt. Und dann ist er nur immer so zwischendurch auf zwei Tage heimgekommen, da hab ich ihn nicht richtig kennengelernt, ich hab mich eigentlich gefürchtet vor ihm, weil das ein unbekannter Mann war für mich. Da hat er sich gleich in der Holzhütte ausgezogen, weil er voll war mit Flöhen. Und dann hab ich ihn erst so ein bissl kennengelernt. Aber es hat einen anderen Mann in unserem Haus gegeben, der war wie ein Vater zu mir, zu dem hab ich „Tati“ gesagt. Also mein Vater war mir eigentlich fremd, und das ist eigentlich immer geblieben, also bin ich mit ihm nie so richtig warm geworden.
Nette Amerikaner, furchteinflößende Partisanen
Frau Six - 27. Juni 2025, 15:24
Die Amerikaner waren das, die waren sehr nett, die haben bei unserem Hof hinten sind sie gestanden mit den Autos und da sind wir zurückgelaufen zu ihnen und sie haben uns Kaugummi gegeben, was wir nicht gekannt haben. Aber die Partisanen, die waren die ärgsten, da hat man sich sehr gefürchtet. Erstens haben die alle eine Glatze gehabt, und die haben von den Häusern die Räder mitgenommen, die haben wir verstecken müssen. Wir haben uns gefürchtet, die haben gestohlen und vergewaltigt und so Sachen.
Kälte, Hunger und Angst vor Partisanen
Frau Six - 27. Juni 2025, 15:15
Ich bin auf Strohsäcken gelegen und in unserem Zimmer war es so kalt, dass die Schneerosen innen bei den Fenstern waren. Wir sind schlafen gegangen mit Nachthemd, Weste drüber, Haube, so sind wir schlafen gegangen. Dann haben wir, wenn wir vor der Schule heimgekommen sind, müssen mit einem Leiterwagerl mit meiner Mutter in den Wald fahren und haben Prügerl gesammelt, damit wir etwas zu heizen gehabt haben im Winter, so kleine Zweigerl, die im Wald gelegen sind. Es war hart. Dann kann ich mir erinnern, da bin ich noch in den Kindergarten gegangen, und wenn Fliegeralarm war – meine Mutter hat in der Fabrik gearbeitet – die hat uns schnell geholt, dann sind wir bei dem Gassl gelaufen und jedes Mal, wenn ein Flieger drüber gegangen ist, haben wir uns müssen am Boden flach hinlegen. Also, es war wirklich furchtbar. Das war halt die Angst, eine furchtbare Angst. Da haben wir im Personalhaus einen Keller gehabt, da sind wir reingegangen. Da sind wir geblieben, bis Entwarnung war. Meine Schwester war schon älter und die hat sich so viel vor den Partisanen gefürchtet und die sind immer gekommen. Die Jungen, die in unserem Haus waren, die haben sich in die Äpfelsteigen gelegt, die waren wie Stellagen, da haben wir die Äpfel und Kartoffeln drauf liegen gehabt. Und die haben wir weggeräumt und sie haben sich reingelegt und mit den Äpfeln und Kartoffeln haben wir sie zugedeckt, dass die Partisanen sie nicht gefunden haben. Ja, es war eine furchtbare Zeit. Ich sag eh oft, ich könnt ein Buch schreiben.
Freundschaft mit polnischem Zwangsarbeiter
Frau Sammer - 27. Juni 2025, 14:45
Mein Vater wohnt seit seiner Geburt in Gunskirchen, 1937 ist er geboren. Er hat mir viel erzählt, was er so als Kind erlebt hat. Er war bei Kriegsende acht Jahre. Zum Beispiel gab es einen polnischen Zwangsarbeiter am Bauernhof. Mit dem ist er befreundet gewesen und er hat ihm auch die Sprache gelernt. Also mein Vater hat polnisch gekonnt mit 5-6 Jahren. Dieser Zwangsarbeiter hat dann zum Kriegsende in das Barackenlager nach Wels müssen. Dan haben sie ihn mit einem Pferdefuhrwerk wegebracht und der Kleine war dabei. Der hat dann gewusst ungefähr, wo das ist, und er ist ihm noch nachgelaufen. Das heißt er ist von zu Hause weggelaufen zu dem Zwangsarbeiter, zu dem befreundeten.