Edmund de Waal „Camondo“
Von: Maria Limberger | 22. März 2023, 14:34
Und immer wieder der Griff zu einem neuen Buch. Nein, es gibt kein Lieblingsbuch. Aber es gibt Bücher die sich abheben vom Alltag.
Edmund de Waal „Camondo“ gehört dazu. Der Einband in blauem Leinen, er kribbelt auf den Fingerspitzen, die Seiten greifen sich an wie Elfenbein. In diesem Buch schreibt de Waal imaginäre Briefe an Moise de Camondo aus Konstantinopel. „Über die vielfältigen Beziehungen ihrer beiden Familien, über Assimilation, Großzügigkeit, privates und öffentliches Leben und immer wieder über die Bedeutung der Erinnerung und dass es keinen Schlussstrich geben kann und darf“. Ich folge ihm bereitwillig in die Rue de Monceau ins riesige Palais der Camondo, um dessen Fassade aber auch Innenleben zu bewundern. Nicht nur in die Bibliothek, in all die Salons und Schlafräume, auch in die Küche, Unterkünfte der Bediensteten, verschiedene Wendeltreppen rauf und runter, gucken in Vorratskammern, hinter unscheinbare Türen. De Waal schreibt: „Dieses Haus ist wie eine komplexe mechanische Schachtel. Drücke diese Tür auf, sachte. Hier sind Räume, Stille, ein Ding wird zu einem anderen, eine Person zu einer anderen. Türen, um hindurchzuschlüpfen, wegzuschlüpfen.
Und wenn ich auch mit seiner Gedankenwelt oft nicht mithalten kann, sein Gefühl für Ästhetik, dieses Hineinfühlen in, für uns scheinbar Belangloses, wie Staub z. B. oder Asche, so sehr hat mich dieses Buch fasziniert, bereichert auch.
Übersicht:
Literaturtipps von Hörer:innen on air