Literatur

Tagebuchartige Einträge IV

Von: Verena Gotthardt | 17. April 2020, 21:40

Texte, die am Ende eines Tages entstehen

10. April 2020

nicht vergessen: morgen ostern.


11. April 2020

ich sage immer, man soll keine sonnenuntergänge fotografieren. oder wolken, weil das schwierig ist. da ist’s besser man schaut sich’s an bis kein licht mehr da ist. aber heute war’s so weit. schöne wolken bei untergehender sonne. gleich fotografiert und was soll ich sagen: man soll so etwas einfach nicht fotografieren.


12. April 2020

man gewöhnt sich ja an alles. außer an rosinen. weil, wenn man die nicht mag, dann bleibt das wahrscheinlich auch so.


13. April 2020

heute ein gedicht von h.c.artmann gelesen, in dem »wolken«, »ein gefider« und »strauch« vorkommt. dazu fällt mir noch ein: »pulverhügel«, »der vogel« und »heute spuckt mir der wind ins gesicht«.


14. April 2020

eine krise verschwindet ja nicht einfach so. sie tritt ja auch nicht von einem tag auf den anderen auf. wie sagt man so schön: schleichend. es kam schleichend, sie kam schleichend. die kankheit kam schleichend. eine krise wird, wenn überhaupt, ja nur abgelöst durch eine neue, modernere. wie auch bei einem staffellauf. da schau ich kurz genau hin und stelle fest: die staffel wird ja weitergegeben.


15. April 2020

ob der vogel versteht, warum ich so oft zu ihm rüber schau. ja, ihn manchmal sogar zu mir winke. so ganz anders als früher, wo ich ihn ja oft schon verscheucht habe. ob der vogel versteht, was mit mir plötzlich los ist.


16. April 2020

man sieht ja keine münder mehr. ein seltenes gut, also. deshalb auch der viel zu lange augenkontakt mit dem mensch, dem ich begegne. beinahe unangenehm. sofort frage ich mich: was fühlt denn der?

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