Literatur

Hände

Von: Birgit Krenn | 6. April 2020, 17:50

Kurztext

Ich halte deine Hände, deine ungewöhnlich kalte Hand – bald schon nicht mehr. Dabei hast du mich immer gut behandelt, immer gewusst, wie ich zu »handeln« bin. Hast mich immer gesehen, hast mich immer erkannt, bevor ich die Chance hatte, dich zu belügen. Jetzt werden Handlungen gesetzt und dann wird es nicht mehr so sein, dass eine Hand die andere wäscht. Dann kann ich mich alleine waschen und mir selbst den Rücken eincremen – handtuchtrocken, versteht sich. Deine Hand in meiner. Immer lag deine Hand in meiner, auch wenn wir getrennt waren, hast du nicht losgelassen. Das macht uns aus, dass wir einander immer halten. Bis … Du bist mir immer zur Hand gegangen, wenn ich dich brauchte. Wie gut das tat, dass einer da war. Dass endlich jemand da war, der angreifen und zupacken konnte. Handlich bist du trotzdem nicht. Zu groß, um dich in die Tasche zu stecken. Zu groß deine Geschichten, deine Vergangenheit und Gegenwart. Wie meine auch. Nie steht man nur mit sich alleine da. Immer schleift man etwas von früher mit. Deine warmen, weichen Hände, deine wunderbaren sanften Hände. Deine zärtlichen Hände, feste Hände, breite Hände, die ganz zart werden können und ich erinnere mich an einen Tag, als die Welt zusammenschrumpfte zu deinem Daumen auf meinem Handrücken. Ganz sanft zeichnen Daumen und Zeigefinger, fast schwebend. Ich bin müde. So müde, und ich halte mich bei dir an, damit ich nicht sterbe über Nacht, damit ich nicht davongleiten kann, in meine irrsinnigen Träume. Wer wird mir jetzt Halt geben?

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