Bücher unter sich
Von: Alexander Peer | 10. Jänner 2025, 21:11
Bücher unter sich
von Alexander Peer
A (verzieht die Nase): „Der Bursche hat Übergewicht und stinkt.“
B (würgt): „Ich riech’s, der muss frisch sein. Ich bin froh, dass er am Boden ist.“
A: „Ja, hier oben ist die Luft angenehm abgestanden. Ich genieße den Ausblick.“
B: „Und wir werden nicht gesehen.“
A: „Stimmt! Das ist das Beste!“
B: „Sehen und nicht gesehen werden.“
A: „Kollege, ich würde es nicht verkraften, würdest du verkauft werden. Ich würd zerfallen!“
B (krampft sich zusammen): „Mir geht’s doch genauso!“
A: „Sei gnädig mit ihnen, so wurden sie geschaffen; aber wie die sich aufplustern!“
B: „Richtig grauslich. Vor allem die, die behaupten, definitiv zu sein.“
A: „Definitiv verzichtbar.“
B (schmunzelt, dann hustet er): „Da lob’ ich mir schon meine Lungenprobleme, verursacht durch meinen eigenen Staub.“
A (klopft ihm mit der Hand kräftig auf den Rücken)
B (wehrt ab): „Achtung! Du weißt ja, mein Gebinde ist ins Alter gekommen.
A: „Dir geht keiner mehr auf den Leim … so spröde wie Du bist!“
B: „Schau’, da unten hätte keiner von uns eine Chance. Ein Schlachtfeld ist das. Jeder gegen jeden.“
A: „Jeder schreit 'kauf mich, kauf mich, kauf mich'. Jeder zeigt, dass alle rund um ihn Zweitbesetzungen sind.“
B: „Bitte verschone mich mit der Diagnose! Ich habe schon genug Erkenntnis selbst zu tragen! Was denkst denn, schlepp ich mit mir herum?! Die 1000 Seiten, die ich bin? Der Autor, der mich gezeugt hat, ist ein ganz ein Armer. Er hat sich verausgabt und ich sitz jetzt hier mit seinen Wörtern vollgestopft – keiner schaut die wirklich an!“
A: „Ich wollte nur ein wenig eindringen in dich, dich aufblatteln.“
B: „Das ist schon lang nicht mehr passiert. Aber ich bin ganz froh so. Niemand dringt in meine Intimsphäre. Ich bin wirklich exklusiv!“
A: „Ich stand mal neben einem, der wollte jedem suggerieren, los, greif mich an, nimm mich, schlag mich auf, lies. Inspirations-Imperative ohne Ende.“
B: „Widerlich!“
A: „Der Mann wurde gekauft.“
B: „Wie! Der Mann?“
A: „Ja. Der Ratgeber, so hieß er.“
B: „Und du?“
A: „Nichts. Ich bin im Eck gestanden.“
B: „Ja?“
A: „Schließlich wurde eine Volontärin getadelt.“
B: „Sie hat dich falsch aufgestellt?!“
A: „Richtig.“
B: „Die Arme! Weiß sie nun, wer du bist?“
A: „Sie war die einzige meines Lebens.“
B: „Spannend.“
A: „Ich war oft mit ihr im Bett.“
B: „Hm. Angeber.“
A: „Na ja, wenn man so dick ist wie ich? Das braucht einfach.“
B: „Auch wieder wahr. Aber sie hat dich zurückgestellt. Naja. Lächerlicher Trost: Aber alle von uns – auch die Wichtigtuer – sind für einige Stunden das Wichtigste im Leben eines Menschen und dann? Es werden so viele Bücher täglich zugeklappt und schamlos verlassen!“
A: „Duck dich, da kommt einer!“
B: „Kann nicht, das Papier ist im Weg.“
Ein Herr greift sowohl A als auch B. Sie werden auf einem Wagen abgelegt. Der Wagen rollt.
A: „Was soll das?“
B: „Ruhig bleiben! Man wird uns nicht auseinander bringen.“
A: „Aber wir sind keine Geschwister, nicht einmal Verwandte. Ich bin von der Edition Atelier und du von Limbus. Gut, also Geistesverwandte, kleine Fische … Goldfische ... im Haifischbecken des Betriebs.“
B: „Ruhig – verhalt Dich wie ein Fisch! Sei stumm!“
A: „Hoffentlich legt man mich nicht neben Bastei Lübbe. Diese Kerle halte ich nicht aus!“
Der Herr kommt wieder, der Wagen ist gut belegt, er schiebt ihn in den Keller. Es ist dunkel. Der Herr holt einen Stempel.
A: „Autsch!“
B: „Mitten ins Gesicht.“
A: „Lass mal sehen.“
B: „Na, was ist denn?“
A: „Das wollte ich schon immer wissen! Mängelexemplar.“
B: „Passt! Ich fühl mich wohl … aber, jetzt wird es ernst. Wir landen bestimmt am Dachboden, irgendwo am Land, in einem Haus von Großeltern, wo gar nichts passiert. Wo die Verlassenschaft schon ins Leben reingeschrieben ist.“
B (blickt A. sehnsüchtig an): „Wollen wir es hoffen.“
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Track 5' - Das wollte ich schon immer wissen