Besatzungsmächte , Frauen, Mütter, Kinder

Als Kind mit russ. Major im offenen Jeep gefahren

Von: Dietrich Hardouin, Jahrgang 1941 | 18. April 2025, 15:25

1945 oder Anfang 1946 haben mich meine Eltern als Baby zur Sicherheit vor den Russen, aus Angst, zu meiner Großtante und Großonkel nach Waidhofen an der Ybbs gebracht. Sie haben mich verschickt mit einem LKW. Ich wurde dort bei Tante und Onkel in der Herrschaftsvilla untergebracht, einem wunderschönen großen Haus. Das wurde wenige Tage oder Wochen nachher von den Russen besetzt. Ein russischer Major hat Onkel und Tante, inklusive mich im unteren Bereich des Hauses untergebracht, weil er oben seine Residenz und seine Kommandantur eingerichtet hat.

Mein Onkel war General, aus der Wehrmacht 1943 aus Altersgründen entlassen. Seine ganzen Orden hatte er versteckt am Dachboden, mit allem, was er noch aus der Nazi-Zeit hatte und was auf seine Generalität hätte schließen lassen. Der wirkliche Rang meines Onkels in der Wehrmacht wurde dann irgendwie entdeckt. Der russische Major hat aber keine Ressentiments gehabt; sondern er hat seinen Adjutanten sofort meinem Onkel zur Verfügung gestellt und hat salutiert, wenn mein Onkel da war. Der Major hat auch veranlasst, dass der Onkel, die Tante und ich wieder in den oberen Stock gehen durften und hat seine Leute in den unteren Stock einquartiert. Und von diesem Tag an hat der russische Major meinem Onkel wegen seiner Tätigkeit in der Kriegszeit in der Wehrmacht ständig Respekt gezollt. (...)

Der Herr Major hat mich als 5, 6-Jähriger fast wie sein eigenes Kind behandelt. Ich habe Süßigkeiten und zu essen bekommen, und ich durfte im Jeep mitfahren. Also es war eigentlich eine traumhafte Zeit für mich. Und ich habe das teilweise noch sehr, sehr deutlich in Erinnerung. Es endete damit, dass mich meine Eltern dann irgendwie nach Wien zurückbekommen wollten, und da hat der Major mich nach Wien geschickt im offenen Jeep. (..) Das erzähle ich, um zu zeigen, dass sich nicht alle russischen Militärs damals schlecht benommen haben. Es gab auch Lichtblicke, wie meine Geschichte zeigen soll.

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