Literatur

Stürme

Von: Franziska Zhuber | 28. März 2020, 08:32

Ein kleiner Mutmacher und Trostspender in Versform für Krisenzeiten! Ich hoffe, dass meine Worte all jenen helfen, die in ihrer Angst vor „Stürmen“ nach Halt suchen. Nutzen wir diese Krise, um zumindest in uns Windstille zu schaffen!

Ich habe gelernt,
vor Stürmen keine Angst mehr zu haben,
da sie des Stillstands größter Gegner sind.

Flüsternd schicken sie ihre Boten.
Die Sicht langsam trübend,
schwindet der Mut.
In Ihrer unnachgiebigen Flut
wird uns der Weg zur Last.
Denn wenn uns die Zeit zum Gehen drängt,
hängen wir fest an den Dingen.
Aus Angst sie im Nichts zu verlieren,
wanken wir bedacht.

Warum nicht loslassen,
sich dem Sturm ergeben?
Die Blätter blicken schwerelos
allen Facetten der Welt entgegen.
Dem Halt des Astes entrissen,
wirbeln sie hoch
und flimmern im Licht.
Will ich das nicht?

Tief verwurzelt im Boden verankert
trotzt mein Baum den Winden.
Die Zweige wild um sich peitschen,
im Getöse ertrinken.
Bald muss auch ich mich
seinem Halt entwinden.

Wir lösen uns leicht wie Blätter,
verirren uns im wirbelnden Wind,
werden fortgetragen ins nirgendwo,
gemeinsam kreisend,
doch einsam und blind.

Der Baum, aber steht seltsam unbeirrt,
sieht uns haltlos aufsteigen,
und streckt seine dürren Arme
zum Abschied rufend:
„Von innen lasst euch weisen!“

Doch wenn der Sturm sich dem Ende neigt,
die Leichtigkeit ins uns weicht,
sieht er uns
in abertausenden zu Boden gleiten.

Plötzliche Leere, keine Schwere.

Er trauert nicht.
Unbewegt trägt er nun die schüttere Krone,
fügt sich seinem Schicksal wie ein Greis.
Er weiß,
Neues wird ihm blühen,
und ihn mit Leben füllen.

Bis irgendwann in späteren Jahren,
der Sturm erstarkt,
den Kampf gewinnt
und ihm kraftvoll
seine Wurzeln aus dem Boden zwingt.

Ich habe gelernt,
mich dem Unerwarteten zu fügen,
wieder aufzustehen,
wenn der Wind sich legt.

Denn wem der Sturm als Flügel nutzt,
dem wird er endlos schwingen
und nichts mehr zum Erliegen bringen.

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