Literatur

Corona.BITTER.BÖS - Ein Corona-Tagebuch

Von: Erika Kronabitter | 27. März 2020, 14:29

DAS weltumspannende Corona-Tagebuch. Ein Gedicht-Virus? Text-Virus?

Corona. Bitter. Bös
Das Corona-Tagebuch von
Erika Kronabitter
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Tote, tausende Tote. Wuhan ist Sperrzone.
Wenn auf einmal alles anders ist. Ist das real? Unsere Köpfe eingepackt wie in dumpfe Watte. Ist das real?
Auch die letzte Grippe hat tausende Tote gefordert. Allein in Deutschland. Ich sehe keinen Grund zur Sorge. Vollkommene Überreaktion. Das neue Virus wird völlig überbewertet.
Trotzdem: Die Bilder im TV erzeugen Aufruhr. China.
Zuerst China, Ausgangssperre. Massenkrankenlager in über Nacht eingerichteten Zelthallen. Krankenzelthallen. Sperrzone. Kein Hinaus und kein Hinein. Kein Auto. Kein Flugzeug. Chaos. Wir schauen und schauen. Ungläubig. Entsetzt. Die Mensch‘n mach‘n Hamstereinkäufe. Fotos mit‘m Handy. Gestern schon war das Klopapier bei Hofer und Aldi ausverkauft. Über WhatsApp kommen kleine Videonachrichten. Supermärkte sperr‘n den Eingang. Die Polizei riegelt die Geschäfte ab. Davor wartende Menschen mit leeren Einkaufswägen. Rausgesperrt. Gegen die Hamsterkäufer. Gierschlünder.
Die Regierung beruhigt. Verbreitet Botschaften. Achtung Ansteckung. Aber: Keine Sorge. Versorgung ist gewährleistet. Die Mensch‘n mach‘n Hamstereinkäufe. Lass’n sich nicht abhalt’n. Klopapier in Mengen, rauen Mengen. Die Beruhigung in den Medien. Die ständige Beruhigung durch die Politiker. Die Beruhigung beunruhigt. Mehr und mehr. Langsam denke ich: Sollten nicht auch wir? Nein, in einer Woche fahren wir ins Unterengadin. Keine Hamstereinkäufe. Vielleicht ein Sicherheitspaket für alle Fälle. Ich google. Ein bisschen kann man sich ja informier’n. Nur ein bisschen. Mal schau’n, was sowas kostet. Die Überlebenspakete der Schweizer Armee sind derzeit ausverkauft. Also doch. Auch die Schweizer. Die Schweizer wissen genau, warum. Warum sie sich eindecken. Eine WhatsApp-Nachricht. Ein Alter stapelt alle Eierpackungen aus dem Kühlregal in seinen Einkaufswagen, schnappt die letzte Packung, reisst sie regelrecht an sich, vor der Nase der jungen Frau mit Kind.
Habt Ihr auch viel eingekauft, fragt eine Freundin? Ja, sage ich, in jedem Zimmer haben wir zweihundert Hamster. Die füttern wir und wenn es soweit ist, haben wir täglich einen Hamster zu essen. Wie lange darf man Witze machen?

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