sonstiges
Besuch in Vaters Kriegsgefangenschaft
Von: Helga Pfeifer, Jahrgang 1943 | 24. März 2025, 09:19
Positive Erinnerungen: 1948 waren meine Mutter und ich bei meinem Vater, der in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft war, einen Monat zu Besuch.
Mein Vater, Ing. Egmund Wallner, geb. 1918, war bis Februar 1949 in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft in der Gegend von Šabac, Mitrovica, Drenovac (genauere Angaben fehlen mir leider). Im Sommer 1948 fuhren meine Mutter und ich, geb. 1943, für ca. einen Monat zu ihm auf Besuch, obwohl Verwandte und Bekannte davor gewarnt hatten, es sei viel zu gefährlich. Mein Vater hatte aber vorher wiederholt in Briefen an meine Mutter und mich (ich war damals 4 3/4 Jahre alt, konnte aber schon lesen) erzählt, wie schön er es dort unten hatte und dass wir gefahrlos kommen könnten.
Wir fuhren also auf abenteuerliche Weise per Zug nach Belgrad. Unterwegs mussten alle Passagiere mitten in der Nacht aussteigen, weil eine Lok auf den Gleisen lag, und ein großes Stück mit dem Gepäck zu Fuß gehen, um in einen anderen Zug einsteigen zu können. Außerdem waren die Züge derart verwanzt, dass meine Oberschenkel durch die Bisse fast doppelt so dick waren wie vorher.
In Belgrad holte uns mein Vater ab, den ich bis dahin noch nie gesehen hatte. Ich erinnere mich nicht mehr, wie wir an den Ort gekommen sind, an dem wir die nächsten Wochen wohnen sollten. Ich weiß jedoch, dass mein Vater in einer winzigen Wohnung auf einem Bauernhof gelebt hat und wir unter uns waren. Er war in der Landvermessung eingesetzt und hatte sogar Jugoslawen (hierarchisch) unter sich.
Wir Drei wurden wiederholt eingeladen, einmal sogar zu einer Hochzeit, an die ich mich noch gut erinnere: das junge Paar - in festlicher Tracht - warf von seiner Kutsche aus viele Münzen unters Volk. Auch besuchten wir wiederholt verschiedene Einheimische in ihren Behausungen, ganz besonders ein altes Ehepaar, das in einem einsamen Häuschen unter Pappeln lebte („Dòbro vèčer, baba Julka!“). Ich lernte einige Worte serbokroatisch, um grüßen und mich bedanken zu können. Immer wurden wir mit einer bescheidenen Jause bewirtet.
Oft saß ich auch mit einem älteren Mädchen, das Schweine hütete, auf einer Wiese und ließ mir durch Zeigen verschiedene Vokabel beibringen (Körperteile, Tiere usw.), was mir großen Spaß machte.
Ich besitze auch ein paar Fotos, auf denen meine Eltern und ich in Badekleidung auf einem alten Motorboot auf der Save abgebildet sind oder wir durch ein Kornfeld gehen. Ich habe natürlich in meinem Gedächtnis nur einige herausragende Eindrücke behalten, die aber durchwegs positiv waren und noch sind.
Helga Pfeifer
geb. 20.08.1943
Übersicht:
sonstiges
Bundesland:
Zentralserbien
Übersicht:
Gemeinsam erinnern