Literatur

Weltenwertewende Teil6

Von: Dr. Ingeborg Wressnig | 28. April 2020, 12:13

Heute ist es soweit:
Jetzt heißt`s „dahoambleiben“.
Nicht nur für mich, sondern auch für die meisten Menschen, die nicht für das Überleben der Mitmenschen sorgen müssen.
Ich erstarre.
Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

20.April
„Spektakuläre Heilung lässt hoffen.“
Ein Steirer ist der erste Patient in Österreich, der Im LKH Uniklinikum Graz, durch die experimentelle Therapie mit Rekonvaleszenten- Plasma, die Intensivstation verlassen konnte. Es geht ihm schon unvergleichbar gut. Seine ihn betreuende Ärztin freut sich. Ich freue mich mit ihr und gratuliere.
Ein Hoch der Medizin.


Hoffnung
H wie Hurra, O wie Otto Wagner – Spital, F wie fieberfrei N wie hoffentlich keine Nebenwirkungen
U wie unentwegt weiter forschen und mutig bleiben. G wie Graz Glanz und Glorie.
So schaut es aus in der Steiermark heute.

In der Nacht hat es anständig geregnet. Der Waldboden, den ich durchschreite riecht köstlich nach Erde. Nichts kann meine Lust am Atmen stören. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber könnte die Luft über Graz sich verbessert haben? Die Krise scheint meinen chronisch trockenen Hustenreiz zu irritieren. Der Husten fühlt sich feuchter und weicher an.

Nur keine Rückfälle provozieren. Die Hoffnung auf weitere Bewegungen mit vorgeschriebenen Masken, Abstand, Händewaschen, Warteschlangen, steigt.
Wir brauchen Sicherheit und Hoffnung um fest an uns und die Neuorientierung aus der Krise heraus zu glauben. Begabte Menschen gibt es genug in Österreich und Europa, davon bin ich überzeugt. Ob es genug disziplinierte Menschen gibt, da fehlt mir noch der Glaube.

21. April

„Die unfreiwillige Demaskierung des Profisports in der Coronakrise.“

Keiner fordert, dass die Topvereine, die UEFA, die FIFA, das IOC die Steuern bezahlen sollten, die ihnen abzuverlangen wären.
Als Psychotherapeutin hätte ich im Juni 1990, nach dem wir es geschafft hatten, dass das Psychotherapiegesetz gegründet wurde, sehr gerne gewusst, was mit meinem bescheidenen Steuergeld geschehen war. Wir Psychotherapeuten hätten das Geld dringend für mehr Ausbildung von Sozial und Lebensberater, Altenpfleger, Psychotherapeuten gebraucht.
Wir müssten heute Altenpflegerinnen nicht aus Rumänien einfliegen lassen oder Sonderzüge organisieren, die dann gar nicht ankommen.

Selbstreflexion in Krisenzeiten ist für jeden Menschen hilfreich, auch für Politiker.
Vielleicht hätte Klubobmann Herbert Kickel in einigen Therapie Sitzungen mehr Sensibilität für seine Angst Projektionen entwickelt.
Dann könnte auch die Opposition mit mehr Selbstwert und Wertschätzung und weniger Inszenierung die Arbeit mit der Regierung gemeinsam erfolgreich weitergehen.

Die Zeit wird es zeigen und die Wähler werden sich an die fanatischen, auf „Teufel komm raus“ Oppositionsreden im Parlament erinnern.

Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

„Abstrich vor dem Anpfiff.“

SK Sturm hat die Pause beendet und nimmt sein Training, vorerst in Kleingruppen wieder auf.
Die Fußballer schöpfen Hoffnung.

Der erste mit Blutplasma geheilte Patient kann sein Glück nicht in Worte fassen. Es geht ihm, dank eines genesenen Spenders, von Tag zu Tag besser.

„Masken als Mahner“ vielleicht nicht nur gegen das Virus, sondern da und dort auch eine Möglichkeit, dass so mancher Medienguru seinen Mund mehr zu, als aufmacht.

Corona, Die Krone der Dunkelheit, Unsichtbarkeit, Verschleierung, der Mahnerin der Ausbeutung des Globus. Ist das Böse nur Abwesenheit des Guten? Oder ganz einfach Ignoranz?

Seit drei Tagen ist das Heimtelefon meines Bruders kaputt. Der versprochene Virustest noch immer nicht durchgeführt. Mein Bruder verbringt 24 Stunden in seinem Zimmer. Jetzt versuche ich es von Neuem, Kontakt mit ihm aufzunehmen.

Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

Er hat ein neues Telefon.
Er hat abgehoben, er ist wie immer freundlich und dankbar, dass er noch nicht krank ist und zu essen bekommt und ein Pfleger ihn einmal am Tag wäscht, die Pflegerin ihm das Essen bringt.

Einmal muss ich es nicht nur denken, laut aussprechen, sondern auch schriftlich niederschreiben.
Warum muss sein Leben so würdelos enden.

Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

Mein Bruder schildert mir, wie schön der Baum vor seinem Fenster rosarot blüht. Wir einigen uns mit einem humorvollen Lachen, dass wenigstens der Frühling keine Angst vor Covid 19 hat.
Noch einige Wochen Rudi müssen wir durchalten. Der Frühling setzt sich durch und der Sommer wird ihm folgen. Spätesten dann komme ich dich holen. Mach`s gut, bis morgen.


Der Wonnemonat

Ich sitze auf meiner kleinen Terrasse und glotze auf die dreckige, unglaublich hässliche Sattelitenschüssel.
Ich drehe mich 45 Grad nach links, um den Wonnemonat zu genießen. Ich spreche vom Frühling, der Sonne, dem blitzblauen Himmel.
In Wahrheit ist es der 22. April.
Die Wonnebotschaft: Die Kirchen, Schulen und Lokale dürfen im Wonnemonat Mai unter strengen Auflagen wieder öffnen.

Der Ölpreis rutscht zum ersten Mal in der Geschichte ins Minus. Die Welt der Normalität steht Kopf.
Kanzler Kurz preist seine „Neue Normalität“ an. Ein Balanceakt zwischen „Latenter Gefahr“ und „vorsichtigem Hochfahren“

Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

Heute gehöre ich zu den Glückspilzen. Ich habe mich entschieden, zum ersten Mal im Wonnemonat April um 10 Uhr am Morgen auf den Schloßberg zu gehen.
Noch nie bin ich unter so günstigen Benzinpreisbedingungen mit meinem Auto in die Kunsthausgarage gefahren.
Außer zwei Jogger, war der Schloßberg leer. Die Luft das Licht auf den Dächern, die Fernsicht waren berauschend schön. Der Gesang der Vögel ein Morgenkonzert.



Wertewandel:

W: wohltuend
E: Für das Essen ist gesorgt
R: Rasten, Ruhen Reue. Was hat unsere Generation alles verbrochen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Was kann die nächste Generation daraus lernen.
T: Trauer, Trost Ich setze meine Maske auf und kaufe mir beim Auer ein Toastbrot.
E: Ewigkeit gibt es weder für mich noch für unseren Erdball, wenn wir so weitermachen.

Der einzige der ewig bleiben wird ist der Wandel

Die Universität zeigt Interesse für tägliche Aufzeichnungen, um Wissen weiterzugeben an die, die für die nächste Pandemie besser vorbereitet sein wollen.


Wo Schatten ist muss auch Licht sein.

Vielleicht kann die Uni mein Tagebuch gebrauchen.
Ein Hoffnungsschimmer im Wonnemonat April 2020.

23. April

Videopoker um Geld und Glaubwürdigkeit.
Europas Neustart nach der Krise.

Das Fundament der EU darf nicht in Frage gestellt werden. Es steht ein neuer Kraftakt an Solidarität bevor.

Ich bin eine glühende Verteidigerin der EU. Mitreden kann ich nicht mehr, hoffen darf ich noch.

Zu Hause kann und darf ich noch mitreden. Ich konzentriere mich auf das „Ehepaar-Spiel“ unserer seelischen, körperlichen, geistigen Kräfte.

Der Kraftakt der Solidarität, ob das Familienunternehmen überleben kann, steht auf Hoffnung.
Wie es das kann, ist nicht vorhersagbar. Eine diffuse Angst begleitet den Vorstand und ihre Mitarbeiter während des Tages und in der Nacht. Es braucht viel Mut und Kreativität.
Souverän und selbständig agieren lautet das Trainingsprogramm.

Schon am Morgen beginnen wir mit „Schau auf dich, ich schau auf mich“.
Worauf müssen wir verzichten, worauf können wir verzichten, ohne uns krank zu machen.
Immer wieder von Neuem bitten wir unseren Hausverstand die gemäßen Fragen zu stellen um die richtigen Antworten zu finden.
Mein Mann hat seine erste Internet Bestellung von Kastner und Öhler bewerkstelligt.
Die „Le Creuset Pfanne“ wurde angeklickt. Die Augen meines Mannes strahlen. Die Kinder freuen sich, das Unternehmen mit uns.

Ich vernehme die Stimme meines Mannes im Hintergrund.
„Soll ich für den Abend ein Reisfleisch für uns zwei kochen?“
„Ja bitte, gerne.“
Heute noch ohne „Le Creuset“, morgen vielleicht eine Rindsuppe mit „Creuset - Fritatten“.

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