Literatur

Der ungeheure Augenblick

Von: Hruod Seekind | 28. März 2020, 17:04

Text: Friedrich Nietzsche, Aphorismus 341 – Das grösste Schwerge-wicht, aus Die Fröhliche Wissenschaft

Musik, Stimme, Produktion: Hruod Seekind, geb. 1997 am Attersee. Studium der Philosophie in Wien. Zuletzt Gewinner des Fidelio.Kreation Wettbewerbs 2019 zusammen mit Andrea Edlbauer, Julia Mikusch und Gre-gor Fussenegger

Kaum ein Gedanke hat Friedrich Nietzsche so stark in seinen Bannkreis gezogen und ihn so fest darin gehalten wie jener der Ewigen Wiederkunft. Im August des Jahres 1881 soll ihm der Gedanke, wie er selbst in Ecce Homo schreibt, bei einer Wanderung in Silvaplana gekommen sein. Und er sollte zu nichts weniger als der Grundkonzeption seines wohl mächtigsten Buches werden – Also sprach Zarathustra. Den Gedanken der Ewigen Wiederkunft fasste Nietzsche als die „höchste Formel der Bejahung, die überhaupt erreicht werden kann“, das bedeutet für den Menschen: „Der Schmerz gilt nicht als Einwand gegen das Leben“, oder wie es später im Zarathustra aus der tiefen Mitternachtsglocke widerhallt: Die „Lust ist tiefer noch als Herzeleid“. Dieser Gedanke der Ewigen Wiederkunft – trotz des Leides in der Welt immer wieder das Leben zu wählen - kann fürwahr auch jetzt nicht als Trostgebet dienen, aber: er hilft uns zu leben, lässt Mut in uns erstarken und öffnet den Weg für das Zukünftige, sofern wir ihn selbst in diesen Zeiten ernst nehmen können.

Das vorliegende Stück ist Ausdruck einer tiefen Faszination für diesen mächtigen Gedanken Nietzsches, der sich sowohl vom Glauben an ein Leben im Jenseits als auch von den Motivationssprüchen über die Einmaligkeit des Lebens (wie es sich heute auf absurde Weise im YOLO der Massenkultur zeigt) gelöst hat. Was, wenn auch in unserem Leben einmal dieser von Nietzsche in seinem berühmten Aphorismus 341 beschriebene ungeheure Augenblick kommt, durch den wir unser Leben - vielleicht zum ersten Mal - wirklich zu schätzen lernen, durch den wir unseren Lebenskreis bis in alle Ewigkeit bestätigt und besiegelt wissen?

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