Frauen, Mütter, Kinder, Schule und Ausbildung
Erinnerungen an Flusspferd Rosi et al
Von: Nicole Jaufer | 8. April 2025, 10:43
Schönbrunn-Eichgraben-Afritz
Tiergarten Schönbrunn nach dem Krieg - Rosi
Meine Mutter Inge ist 1946 oder 1947 für ein paar Monate bei Dr. Brachetka, dem Direktor des Tiergartens Schönbrunn als Pflegekind untergebracht gewesen. Meine Mutter (JG 1939) war Halbweise, die Mutter war 1946 an offener TBC verstorben, der Vater erst Anfang 1946 aus der Gefangenschaft (amerik.) zurückgekehrt und auf Arbeitssuche. Er konnte sich nicht um seine Tochter kümmern. Meine Mutter hat sehr gute Erinnerungen an Dr. Brachetka und seine Frau, sie waren kinderlos. Sie wohnten in Schönbrunn und meine Mutter durfte den Direktor oft auf seinen Rundgängen durch den Tierpark begleiten. Sie erzählt gerne, dass er sie ermutigt hat, doch ihre Hand in das große Maul vom Flusspferd „Rosi“ zu legen, es würde nichts passieren. Und sie hat es gerne gemacht. Sie strahlt immer, wenn sie von den Erinnerungen an diese Zeit spricht, alles war so aufregend im Tierpark. Sie hat auch später „Rosi“ zu ihrem Künstlernamen gemacht, sie war passionierte und talentierte Porzellanmalerin in ihrer Freizeit.
Bombeneinschlag – Waltergasse
Meine Mutter erinnert sich an den Bombeneinschlag in der Waltergasse, bei dem auch das Wiedner Spital großteils zerstört wurde. Sie hat in der Danhausergasse in 1040 gewohnt und die Bomben im Keller mit den Bewohner*innen gehört und gespürt. „Nachher war das Nebenhaus dem Erdboden gleichgemacht und als wir wieder in unsere Wohnung zurück sind, waren unsere wenigen wertvollen Sachen, Teppich, Schmuck, Besteck etc. weg, von Plünderern gestohlen.“
Ab Frühjahr 1945 in Eichgraben, im Garten
Im Frühjahr 1945 machten sich meine Mutter und Großmutter (JG1904) auf den Weg in den Garten nach Eichgraben (wo sie ein kleines Sommerhaus besaßen) , auch teilweise zu Fuß, weil keine Züge gingen und blieben dort bis in den Herbst. Sie hatten einen Hasen, den sie für die Rückkehr des an der Ostfront kämpfenden Großvaters aufheben wollten. Dann kamen die Russen und 4 oder 5 Mongolen haben sich im kleinen Haus meiner Großmutter und Mutter einquartiert. Nachdem meine Großmutter halb Kroatin, halb Tschechin war, konnte sie sich auf Russisch mit den Soldaten verständigen. Meine Mutter sagt, die Mongolen waren sehr kinderlieb und haben tagsüber Essen und alles mögliche gestohlen bei allen anderen und die Dinge dann ins Haus gebracht. Meine Großmutter hat anscheinend die Sachen dann teilweise geheim wieder zurückgebracht, weil sie wusste dass überall große Not war.
Mein Vater JG 1935 „Heil Dönitz“
Eine Geschichte meines Vaters ist mir in Erinnerung. Er war eigentlich aus Wien, aber mit Mutter und Schwester ab Ende 1944 in Afritz im Gasthof Huber untergebracht, um vor dem Kriegstreiben geschützt zu sein. Er ging während der Zeit auch dort zur Schule. Als er in der Schule, ich glaube vom Direktor, erfuhr, dass Hitler sich das Leben genommen hat, und sein Nachfolger Dönitz sei, hat er unschuldig gefragt, ob er jetzt „Heil Dönitz“ sagen müsste. Darauf gab es für den 10-Jährigen eine Watschn ins Gesicht als Antwort und er kannte sich noch weniger aus…..
n.jaufer@drei.at
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