Traumgespinste

Von: Dietmar Koschier | 5. Dezember 2020, 19:32

Stichwortartige Traumnotizen aus der Zeit des ersten sog. lockdowns.

Meine Seele
gleicht der Prärie.
Ich reite darüber
in gestrecktem Galopp.

Kalkweiße Tentakel zischen aus einem Loch,
zu dem jeder hingeschickt wird.
Ich wehre mich dagegen und schreie:
„Seht ihr denn nicht, dass dies der pure Tod ist?“
In jener Nacht starb mein Freund.

Die Wände des Irrenhauses rücken näher.
In den Nebenräumen zerfleischen Insassen ihre Wärter.
Ich habe ständig Angst,
dass mir jemand ein Messer in den Rücken stößt.

Ich sah mir selber zu,
wie ich den Kopf beugte und die Haare schlaff zu Boden hingen.
In diesem Moment begriff ich,
dass ich sie endgültig verloren hatte.

Wir waren Schleimwesen,
zusammengekauert in einer Kirche.
Ein behaarter Teufel trat die Tür ein
und schlürfte uns alle wie Austern.

Auf einem Foto
in einem Zeitungsartikel:
lauter bärtige, junge Männer.
Ich habe ihre Namen vergessen.

Batman wurde von einem Halbasiaten und zwei alten Damen gespielt.
Eine sprach mit Maden in einem Lampenschirm.
Die Superschurken waren nur Kleinkriminelle.
Vom Plot habe ich nichts mitbekommen.

Ein Horrorfilm: Ihr Freund führte wahrscheinlich Böses im Schilde.
Ein Jungschauspieler spielte einen Polizisten, der Leute foltert,
um einen bösartigen Kult zu decken.
Im Privatleben war er hingegen ein netter Kerl.

Brigitte hatte einen weißen Pullover an, trug längere Haare und besaß eine riesige Wohnung. Sie hat immer gesagt, sie lege sich zu mir, ist aber dann doch nie gekommen.
Graz liegt am Meer. Ich habe dort zwei Mahlzeiten gebucht.
Vergeblich versuchte ich, eine Bekanntschaft mit meiner Literatur zu beeindrucken.

An den Traum jener Nacht hätte ich mich bestimmt erinnert, wenn sich ein besoffener Idiot nicht an der Gegensprechanlage zu schaffen gemacht hätte.

Ich hinterlasse Nachrichten in der Gegenwart
und frage mich, was mein zukünftiges Ich damit anfangen soll.
Der Hamster ist ebenfalls entlaufen.
Hoffentlich wird es ihm gut ergehen.

Irgendjemand hat irgendetwas vom Boden aufgehoben.
Der Portier in unserem Heim ist für alles und jeden zuständig.
Frauen kamen auch drin vor.
Zugegeben, ich weiß nicht mehr viel von diesem Traum,
aber er war dennoch beeindruckend.

Wurstbrote mit Senf in einem Kübel voll Wasser.
Ich schlecht rasiert.
Einem Freund mal die Meinung gegeigt.
Haufen anderes Zeug.

Irgendetwas hatte die Menschen befallen; sie in unberechenbare, blutgierige Bestien verwandelt.
Ich flüchtete mich in eine unterirdische Kapelle.
Dort war bereits jemand: eine Frau in altmodischen Kleidern.
Ich versuchte, ihr Angst einzujagen.

Mein Freund lehnte an einem Zaunpfahl und dachte nach.
Ich radelte vorüber und wollte ein Eis kaufen, doch ich war splitternackt.
Ich fand den Weg zu meiner Wohnung nicht und hatte Angst, es könnte schon jemand drinnen sein.

Als Gefangener habe ich die Repressalien der Wärter ertragen,
um überstürzt eine Heirat einzugehen.
Wir saßen uns gegenüber, ich wollte reden, du nicht. Du verlässt mich, ich bleibe traurig und enttäuscht übrig. Dann kommst Du zurück, streichelst meine Hand und das ist unsere Beziehung: zärtliche Selbstüberwindung!

In einem Spielwarengeschäft Samstag Mittag kurz vor Ladenschluss
hatte ich Lust, etwas zu kaufen, wusste aber nicht was.
Die Schaufenster voller Star-Wars Figuren gab ich vor, einen seltenen Stein zu suchen, den ich zufällig in der Hose hatte. Die Verkäuferin war nett, daher musste ich ihre Bemühungen abwarten.

Auf einem riesigen Metallgitter befindet sich eine Zeltstadt im Orbit. Vom Boden aus ist sie als dunkler Fleck zu erkennen.
In den Händen halte ich Geräte, mit denen man hochfliegen kann. Aber ich traue der Technik nicht recht. Von mal zu mal muss ich mich mehr überwinden.

In einer von Zombies überrannten Welt haben wir uns in einem Schulgebäude verbarrikadiert. Ein beständiges Schaben und Kratzen macht mich auf gierige Zombiefinger aufmerksam, die durch den Briefschlitz Einlass begehren.
„Nimm eine Axt!“ rät mir jemand.
Als ich sie abgehauen habe, entpuppen die vermeintlichen Zombiefinger sich als Frankfurter Würstel.

Aus der Traum...

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