THE [HOLISTIC] GIA - "Soviel Körper war nie“

Von: THE [HOLISTIC] GIA - "Soviel Körper war nie“ | 12. März 2024, 15:31

GIA erkundet den Körper als Schauplatz inmitten von Grind Culture und Selbstoptimierung. Ein experimenteller Film reflektiert die Komplexität des Daseins, fördert offene Dialoge und konstruiert alternative Perspektiven auf Identität und Gesellschaft.

THE HOLISTIC GIA lädt zu einer Expeditionsreise ein, die den (virtuellen) Körper(raum) erkundet und dabei die komplexen Zusammenhänge zwischen Grind Culture, Selbstoptimierung, Gender und Cyber- Identität erforscht. Als Experimentalfilm präsentiert THE HOLISTIC GIA eine Assemblage aus vielfältigen filmischen und dokumentarischen Elementen. Die Grind Culture, auch bekannt als 'Hustle Culture', ist ein zunehmend präsentes Phänomen. Sie beinhaltet die Überarbeitung und Selbstausbeutung des eigenen Selbst. In dieser Kultur wird der Körper oft als Instrument zur Selbstoptimierung betrachtet und Körper als Ressource, die kontinuierlich optimiert und bis an ihre Grenzen gebracht werden muss, um vermeintlichen Erfolg zu erlangen. Gia manifestiert sich als ein konzeptionell vielschichtiges Wesen, dass die Komplexität des Daseins verkörpert, ohne dabei in Kompliziertheit zu versinken. Als Hybridwesen und Avatar bewegt sie sich in einem spannungsreichen Geflecht zwischen dem Körper als Bild und dem Körper als gelebte Realität. Der Körper nimmt hier eine zentrale Rolle ein, er ist sowohl der Schauplatz als auch das Medium, in dem sich alles entfaltet. Ihm wird eine immense Bedeutung zugemessen. Der Körper wird als eine Arena verstanden, inspiriert von Barbara Kruegers Gedanken, ein Labyrinth von irrationalen Kräften. Die Auseinandersetzung mit dem Körper erfordert die Bereitschaft, komplexe Zusammenhänge und Diskurse anzusprechen, die mit ökonomischer Macht, Gender, den sinnlichen Erfahrungen und Empfindungen des Körpers (dem Unbewussten), Institutionen und ideologischen Kräften in Verbindung stehen. Gia eröffnet uns ein Fenster in diese persönlichen somatischen Empfindungen, sozialen Erfahrungen und politischen Dynamiken. Gia´s erforschende Verbindung mit dem Körper ermöglicht einen offenen Dialog über die
Widersprüche der Leistungsgesellschaft. Sie regt zur Reflexion über die Verbindungen zwischen dem Individuellen und dem Kollektiven im Kontext der Selbstoptimierung an. Ihr diskursiver Ansatz ermöglicht eine kritische Auseinandersetzung mit Machtstrukturen, Körperlichkeit und sozialen Aspekten unseres Daseins.
THE HOLISTIC GIA widmet sich den kollektiven Konzeptionen von Körper, Subjekt und Identität sowie
ihren zeitgenössischen (virtuellen) Repräsentationsformen. Dabei werden ästhetische und queerfeministische
Positionen eingenommen, um den Körper als Archiv zu hinterfragen und zu demontieren. Das Projekt behandelt eine Vielzahl theoretischer und historischer Referenzen. Das Feld begrenzender und ermöglichender Kräfte (Butler) eröffnet neue Spielräume und Visionen einer Zukunft. Der Körper selbst wird zur aktivierten Architektur, die soziale und kulturelle Logiken weiterentwickelt. Die Gestaltbarkeit des Körpers birgt unvorhersehbare Potenziale für neue (Körper-)welten. Die Abwesenheit von Selbstbesitz ermöglicht eine kosmische Körperlichkeit. Der Körper wird zum hypernarzisstischen und subversiven Ort, der sich kontinuierlich transformiert. Regeln und Routinen
werden fragmentiert. Der Körper wird ironisch, überspitzt und ernsthaft zur Schau gestellt. Das Streben nach einer besseren Version des "Selbst" wird zu einer ewigen Aufgabe zwischen Pumpen, Posieren und Posten. Unter dem Begriff Biohacking werden neuronale und funktionale Verbesserungen angestrebt. Die Darstellung auf sozialen Plattformen wird untersucht und dekonstruiert. Das Internet und soziale Medien bieten eine Momentaufnahme der Gegenwart und eine visuelle Archivarbeit für die Zukunft. Der Begriff des "Beauty Pressure" wird durch den Begriff des "Healthismus" ersetzt, um subtile Machstrukturen aufrechtzuerhalten und die Selbstverantwortung für das Scheitern zu betonen. Die
Selbstüberwachung wird dokumentiert, und das Streben nach dem "Optimalsten" und "Perfekten" spiegelt sich in der Arbeit wider. GIA ist ein Experiment, eine fortlaufende und kontinuierliche Suche nach zeitgenössischen ästhetischen Strategien, die das Verhältnis und den Widerspruch zwischen Identität, Körper und Optimierung auf immersiver Ebene filmisch behandeln
und erforschen. Die Arbeit konstruiert Selbstbilder, indem sie den Körper als Kult in virtuellen und physischen Räumen
neugestaltet. Sie verwendet fragmentarische Selbstdokumentation und Found-Footage-Material aus
sozialen Medien, um sich mit Selbstoptimierung (Biohacks) und der Darstellung des Körpers im Internet auseinanderzusetzen. Von Atmung über Body Treatments bis hin zu verschiedenen Somatic Works werden verschiedene Aspekte des Körpers thematisiert.
Was bedeutet es, einen Körper zu haben und welche Auswirkungen hat die ständige Optimierung auf
ihn? Welche Verbindung besteht zwischen unserem physischen Körper und Identität zum virtuellen Körper? Kann der Körper materialisiert werden und welches Bild vom Körper entsteht, wenn wir ihn als diskursives Objekt betrachten? Ist eine Welt ohne Körper und Binäritäten
möglich? Wie gestaltet sich der Körper als hybrides, abstraktes und offenes Konzept, das ständiger
Veränderung unterliegt und einen eigenen Kosmos jenseits kultureller und sozialer Konzepte schafft?
Motivierung, gesellschaftliche Relevanz, Aktualität des Projekts. Bereits im Rahmen meiner Solo Ausstellung "Solid Bodies Soft Machines" beim Festival der Regionen 2021 begab ich mich auf die Suche nach der Schnittstelle zwischen menschlichem Körper und Maschine in Zusammenhang mit der Oral History der Arbeitsmigration, der ehemaligen, Lodenfrey-Textilfabrik in Bad Ischl. Mit digitaler Malerei und bewegten Bildern, gedruckt und projiziert auf Textilien, stand die subjektive Erzählhaltung der Arbeiter:innen vom Individuellen zum Kollektiven
im Fokus. Zudem möchte ich auf meine künstlerische und kuratorische Mitarbeit am Projekt “The Gym” (2022) hinweisen. "The Gym” ist ein hybrider Ort, der Ausstellung, Training und Performances vereint und als Gegenentwurf zu stereotypen Körperkulturen und neoliberal begründeter
Selbstoptimierung konzipiert ist. Gemeinsam mit etwa 40 Künstlerinnen, Trainerinnen und Performer*innen erweiterten wir den Bewegungs- und Denkradius im Kontext inklusiver Körperpolitik und non-toxischer Fitness, stärkten die Verbindung von Geist und Muskeln und
boten Widerstandstraining für Körper, Geist und Seele an. Dieses Projekt wurde bereits in Wien (SOHO Ottakring, 2022) und Hamburg (Kampnagel, 2023) gezeigt und wird fortlaufend erweitert. "THE HOLISTIC GIA" bietet eine zeitnahe, tiefgehende Analyse der Schnittpunkte von Körper, Selbstoptimierung und digitalem Selbst. Das Projekt reflektiert kritisch über Grind Culture (Überarbeitungs Kultur) und stellt Normen in Frage, indem es diverse Theorien und künstlerische Praktiken mit Fragen der Körperpolitik und Identität verschmilzt. Es regt zum Nachdenken über unsere physische und digitale Existenz in einer immer vernetzteren und leistungsorientierten Welt an und bietet einen Raum für alternative Vorstellungen von Körper und Identität. THE HOLISTIC GIA erkundet die Grind Culture und deren Verbindungen zu Selbstoptimierung, Gender und Cyber- Identität. Das Projekt präsentiert eine vielschichtige Assemblage von Film- und Dokumentarelementen, die den Körper als zentralen Schauplatz betrachten. Durch ästhetische und queer-feministische Positionen sowie theoretische Referenzen wird ein kritischer Diskurs über den Körper in seiner gesellschaftlichen und politischen Bedeutung geführt. Die Arbeit thematisiert die ständige Optimierung des Körpers und dessen Auswirkungen, die Verbindung zwischen physischem und virtuellem Körper, die
Materialisierung des Körpers als diskursives Objekt und alternative Konzepte jenseits von Binäritäten. Mit einem Fokus auf Selbstbilder und die Darstellung des Körpers in virtuellen und physischen Räumen ermöglicht THE HOLISTIC GIA einen immersiven Dialog über Identität, Körper und Optimierung. Das Hauptziel der Arbeit ist die künstlerische Auseinandersetzung mit gegenwärtigen diskursiven und äußerst aktuellen Tendenzen rund um das Thema Wellness, Gesundheit, Alterung, Fitness und Biohacking. Noch nie war die Präsenz von Körperbildern und das Interesse sowohl im klinischen als auch im medialen Kontext so dominant. Der Körper und ihre bildliche Inszenierung in der zeitgenössischen Kunst zeigt sich als Material und Methode zugleich und wird zum wichtigen diskursiven Objekt. Das Ethos des neoliberalen Subjektseins, der den Leistungs- und Körperfetisch zum
Ausdruck bringt kann als das Jahrzehnt des ICH´s charakterisiert werden. In meiner letzten Arbeit habe
ich im Rahmen des Festivals der Regionen mein Film Solid Bodies – Soft Machines präsentiert, wo es um die Schnittstelle zwischen menschlichem Körper und Maschine ging. Arbeitende Körper! Nun ist es mir ein dringendes Anliegen im nächsten Vorhaben das Konzept des selbstoptimierten, und sich ständig ,,korrigierenden“ (virtuellen-)Körpers und ihrer Konstruktion weiterzuführen
und zu vertiefen. Aber auch das Feld begrenzender ebenso wie ermöglichender Kräfte, um mit der Philosophin Judith
Butler zu sprechen eröffnet neue Spielräume, Experimente, neue Konstellationen und Visionen einer Zukunft. Legacy Russell schreibt in ihrem Manifest: Glitch Feminismus: Tatsächlich ist der Körper selbst eine Architektur, die aktiviert und dann wie ein Meme herumgeschickt wird, um soziale und kulturelle Logiken weiterzuentwickeln. Das Wissen und die „Freiheit“ um die Gestaltbarkeit des
Körpers eröffnet unvorsehbare Potenziale für neue (Körper-)welten. In den sozialen Netzwerken boomen Workout- Videos, in Galerien und Museen ist das Thema Body (Politics) Hyperpräsent. Durch meine jahrelange Erfahrung im Bereich der Fitness konnte ich viel Wissen um das Thema ansammeln. Neben meiner selbstständigen künstlerischen Tätigkeit in Wien arbeite ich seit 2010 als Pilates, Functional, Yoga und Faceyoga Trainierin. Von Orthopädischen Instituten bis Off und Online Räumen
mit unterschiedlichen Klientinnen zusammen.

Webseite
https://seymakupeli.art/

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