Literatur, Gesellschaft

Covid und das Mammut

Von: Herbert Alois Dimpelmoser | 7. April 2020, 11:00

satirische Kurzgeschichte

Covid und das Mammut
In den letzten Wochen seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen habe ich schon einige seltsame Geschichten gehört, aber gestern war ich doch etwas verblüfft. Mein neuer Facebookfreund hatte gestern ein Mammut in seinem Garten. Es sagte, es hätte nasse Füsse bekommen, weil die Permafrostböden auftauen, sei davon aufgewacht, wollte sich mal in Österreich umschauen und schiss ihm einen riesigen Haufen in den Garten. Erst dachte ich, der Freund fängt wegen der Corona-Isolation an zu halluzinieren. Es gibt ja solche Hospitalismus-Symptome häufiger. Besonders irritierte mich, dass es mit ihm gesprochen haben soll. Aber dann hat Covid mich eines Besseren belehrt.
Ein Stückchen Dr. Dolittle steckt in uns allen - genetisch gesehen - hat Covid mir erzählt, als wir gestern Abend entspannt an unserer Hausbar saßen und er meinen letzten Glenfiddich niedergemacht hat. 40 Volumenprozent Alkohol schienen ihm nichts auszumachen. Er sagte erst ab 60 bis 80 Prozent müsse er etwas auf sich aufpassen. Das könnte dann schon Schäden an seiner RNS hinterlassen. Wir plauderten lange und er erzählte viel von China und Italien.
Das mit dem Dr. Dolittle in uns müsste er ja eigentlich wissen, er kommt zur Zeit viel herum. Er ist bei vielen Wirten und redet wohl auch selbst mit ihnen. Andererseits frage ich mich, ob er das wirklich objektiv sehen kann. Schließlich ist er weder Mensch noch Tier. So richtig wissenschaftlich fundiert kam mir seine These jedenfalls nicht vor. Mir geht es nämlich so, dass ich ungern mit Tieren rede. Es kommt da manchmal zu ausgesprochen unangenehmen Missverständnissen. Besonders Katzen sind unberechenbar. Ich rede eigentlich vorzugsweise mit dem Computer. Gelegentlich schreie ich ihn sogar an oder es kommt zugegebenermaßen in Einzelfällen auch zu häuslicher Gewalt. Seit ich einen Laptop habe nicht mehr ganz so oft. Er ist schwerer zu treten. Und man ist ja schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Auch Küchengeräte provozieren gerne längere Diskussionen. Besonders digitale Kaffeemaschinen wenn man sie nicht rechtzeitig entkalkt. Sie wechseln dann manchmal sogar die Sprache um einen in unverständlichen Worten zu beschimpfen. Einige Male hat es geholfen, dass ich ihr angedroht habe sie aus dem Fenster zu werfen. Mit dem Fallrohr in unserem Hof hatte ich ebenfalls schon heftige Diskussionen. Es springt beim eiligen Ausparken oft völlig überraschend hinter das Auto. Ich weiß nicht, ob das lustig sein soll. Mich erbost es jedenfalls ziemlich. Ich finde, so etwas sollte man nicht unausgesprochen hinnehmen. Beim ersten Mal vielleicht, aber wenn das öfter vorkommt, muss man seinem Ärger auch mal Luft machen. Das Fallrohr schweigt dann meist auch sehr betreten und schuldbewusst.
Auf jeden Fall wirkte Covid etwas depressiv. Er sackte während unseres Gesprächs immer mehr in sich zusammen, was wohl nicht nur dem Alkohol geschuldet war. Er scheint es sich sehr zu Herzen zu nehmen, dass er so oft beschimpft wird. Wo auch immer er hinkommt. Besonders von Ärzten und Politikern. Sie reden ständig von seiner Ausrottung. Wer möchte das schon gerne über sich hören. Er wünscht sich so sehr, dass man ihn so annimmt wie er ist. Selbst wenn er sich veränderte würde man ihn ablehnen, meinte er. Ich fürchte, damit hat er Recht. Ich konnte ihn allerdings etwas aufrichten, indem ich ihm etwas über Trump erzählt habe. Das machte ihm Hoffnung.

Übersicht:
Literatur, Gesellschaft

Übersicht:
Ö1 Kulturforum