Please Free My Sister

Von: Sakura De Goyaz | 4. Jänner 2022, 14:43

Gewidmet ist dieses Kurzhörspiel allen Kindern dieser Welt, die ihren Familien entrissen, entführt, missbraucht und als Sklaven fernab ihrer Heimat gehalten werden.

Inspiriert hat mich ein Hörbild in Ö1, an dem Tag, an dem wir beschlossen, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Es ging um den Bericht eines Sklaven, der von seiner Heimat entführt wurde und von den Torturen während der Schiffsüberfahrt erzählt.
Ich dachte an eine Geschichte einer Sklavenrevolte auf einem Schiff - Stichwort "Let's try it, let’s do this!", und wie der Mut eines Sklaven zur Befreiung aller auf diesem Schiff gefangen gehaltenen Sklaven führt.

Doch was hätten Kinder auf diesem Schiff verloren?
Denn es war mir ein großes Anliegen, dieses kreative Projekt in Kollaboration mit meinen Töchtern Aloa (Jahrgang 2013) und Mayara (Jahrgang 2014) zu gestalten.
Vor zwei Jahren haben wir alles verloren. Wir verloren unser Zuhause und alles, was uns bis dahin im Leben gehört hatte. Um ein Haar wäre ich ins Gefängnis gekommen, und hätte auch meine Kinder verloren.
But that’s a story for another day.

Was uns blieb, war die Liebe unserer Familie und unser Glauben. Was uns niemand nehmen konnte, waren unsere Träume, unsere Leidenschaft, unsere Kreativität und unserer Lebensfreude.

In dem Moment wo uns alles Materielle genommen wurde, und wir in dieser Pandemie gefangen waren, wir alle gemeinsam, wurde uns klar, wie gesegnet wir eigentlich waren. Wir hatten alles, was im Leben wirklich zählte. Wir hatten uns. Und wir hatten die Chance, ganz neu zu beginnen.
Solange wir drei zusammenhielten, waren wir unzerstörbar.

Aloa Kalei (Hawaiianisch: Child of Love) und Mayara Anahea (Indigen Brasilianisch: Goddess of the Ocean und Hawaiianisch: Cool Mountain Breeze) sind tatsächlich so, wie im Hörspiel beschrieben. Aloa ist vorsichtig und fürsorglich und selbstlos. Mayara ist leidenschaftlich und kapriziös und furchtlos. Und sie liebt das Meer. So unterschiedlich sie sind, sie haben sich während dieser schwierigen Zeit immer gegenseitig „festgehalten“ und bedingungslos geliebt.
Auch haben meine Familie und ich den Mädchen beigebracht, in Gefahrensituationen zu beten. Und ist es nicht ironische Tatsache, dass wir Gott am nächsten sind, wenn wir um unser Leben fürchten?

Um das Hörspiel mit den Mädchen zusammen zu gestalten, entschieden wir, die Geschichte von zwei Kindern zu erzählen, die von ihrer Heimatinsel Haiti entführt worden waren und auf der anderen Seite des Ozeans bei einer Familie als Sklaven arbeiteten. Die Hintergrundmusik von Roger Colas sollte auch eine stille Homage an jenes Volk sein, dass die „einzige erfolgreiche Sklavenrevolution der Weltgeschichte“* instigierte.
„In Haiti begann weit früher als irgendwo auf der Welt die Dekolonisierung, der Freiheitskampf der Schwarzen. Die geschichtliche Heldentat der Haitianer wurde zum Fluch und zum Segen für das heute schwer gebeutelte Land.“
Ich las den Bericht eines haitianischen Mädchens, dass viele Jahre als Kindersklavin in einem Haushalt gefangen war. Es erschütterte mich derart, dass ich keine weiteren Berichte mehr lesen wollte. In der Nacht setzte ich im Kopf Dialoge und Szenen zusammen. Am nächsten Morgen, es war Sonntag, schrieb ich das Skript zum Hörspiel.
Bei unseren Probeaufnahmen stellten wir fest, dass das Hörspiel nach Originalfassung etwa 45 Minuten Länge haben würde. Das Kürzen auf 5 Minuten war die eigentliche Herausforderung. Viele Dialoge der Mädchen und Szenen aus ihrem Alltag als Sklaven mussten gestrichen werden. Unzählige Schnitte und Fassungen später - waren es dann 05:00 Minuten. Die anschließende Widmung und die Credits, die an sich kein Teil des Hörspiels sind, dauern 29 Sekunden. Sollte diese Widmung ein Ausschlussgrund vom Wettbewerb sein, bitte ich Sie, mir dies mitzuteilen, und ich werde die Widmung herausnehmen.
„Let’s try it“ wird von Mayara auf Englisch gerufen, weil Englisch meine Vatersprache (mit Japanisch als meiner Muttersprache) und der Mädchen Muttersprache (mit Portugiesisch als Vatersprache) ist. Im echten Leben kommunizieren wir zu Hause auf Englisch. So war die Erstfassung des Hörspiels auch auf Englisch, und wurde dann von mir zwecks Teilnahme am Wettbewerb ins Deutsche übertragen.
Den Kindern und mir ist der Wettbewerb per se nicht so wichtig wie das gemeinsame Kreativ-Sein, und natürlich das Hörbar-machen der Stimmen jener Kinder, deren man die Zukunftsaussichten beraubt hat. „Please Free My Sister“ soll auch Hoffnung geben. Wo Liebe ist, und Mut, da gibt es auch einen Weg in die Freiheit. In einer Resolution der UN General Versammlung 2019 wurde das Jahr 2021 einstimmig als das Internationale Jahr der Beseitigen von Kinderarbeit angenommen. Laut der International Labour Organization (ILO) waren zu Beginn des Jahres noch 152 Millionen Kinder von Menschenhandel, Kinderarbeit und Kindersklaverei betroffen.* Die COVID-19 Pandemie hat Situation für diese Kinder zusätzlich verschärft.

Wenn Sie als Rundfunk Interesse hätten, würden Aloa, Mayara und ich auch gerne das gesamte Hörspiel in Originallänge für Sie gestalten, entweder in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit Ihnen.
Ich selbst habe eine nostalgische Geschichte mit Ö1.
In einem Haushalt ohne Fernseher (bis heute), wuchs ich mit Büchern, Bildern, Musik und Radio Ö1 auf.
Mit 16 Jahren war ich anlässlich eines Wettbewerbs über Menschenrechte, den ich mit meinem Bild und Essay gewann, auch bei Ö1 zu Gast.

Im Hörspiel enthaltene Originaltöne sind die Hintergrundmusik, der Teekessel, das Geräusch der sich öffnenden Tür und die Schritte (bei meinen Eltern).

Mitgewirkt haben:
Als Aloa: Aloa Kalei De Goyaz
Als Mayara: Mayara Anahea De Goyaz
Erzählerin, Buch und Regie: Sakura De Goyaz
Musik: Roger Colas „Te Quiero“


* https://oe1.orf.at/programm/20201203/620693/Haiti-Die-vergessene-Geschichte-der-Sklavenbefreiung
Ebenda
* https://www.ilo.org/global/about-the-ilo/newsroom/news/WCMS_766351/lang--en/index.htm

Übersicht:
Track 5' - Probieren wir's aus