Mein wilder Garten

Von: Ulrike | 24. Mai 2020, 15:58

Ein Garten für Wildpflanzen und Insekten, zur Erhaltung der Artenvielfalt

Mein wilder Garten
Mein Garten liegt im 23. Wiener Gemeindebezirk und ist ca. 450 m2 groß. Ursprünglich begeisterte ich mich für die schönen alten Bauerngartenblumen, die ich aus meiner Kindheit kannte. Sie dürfen bei mir immer noch blühen und mich erfreuen. Seit ich mich mehr mit den Insekten und ihrer Lebensweise befasst habe, setze ich aber andere Schwerpunkte. Immer mehr einheimische Wildpflanzen siedeln sich bei mir an und bezaubern mich mit ihrer Schönheit. Viele wachsen ohnehin von selbst, wenn ich sie lasse, wie Gundelrebe, Taubnessel, Schöllkraut, Distel , Glockenblumen und andere. Wo sie zu viel werden und stören, lichte ich sie aus, doch ein Teil darf stehenbleiben. Andere habe ich durch Aussaat oder Pflanzung angesiedelt. Es dauert oft eine Weile, bis sie sich etabliert haben. Einzelne verschwinden schnell, aber ich probiere es gern nocheinmal. Andere samen sich inzwischen überall aus, wie das Johanniskraut, die Wiesenmargerite, die Nachtviole, der Klatschmohn, die Kuckuckslichtnelke, die Wiesenwitwenblume, der Baldrian, das Herzgespann.
Vieles wächst seit Jahrzehnten hier und fühlt sich wohl: Königskerze und die in der Dämmerung leuchtende Nachtkerze, Akeleien in vielen Variationen, Pfirsichblättrige Glockenblume, Ackerglockenblume, Silbertaler und Veilchen. Natürlich sind auch welche dabei, die irgendwann aus der Ferne eingewandert sind. Wenn sie jedoch nicht wuchern und alles andere verdrängen, und viele Insekten sie annehmen, kann man sie wachsen lassen . Manchmal fällt es mir schwer zu entscheiden, was ich stehenlasse oder ausgrabe, denn ein paar kleine Gemüsebeete möchte ich auch bearbeiten. Gerade dort gefällt es den Wilden und Halbwilden oft sehr gut, in der offenen lockeren Erde.

Manches ist noch in Töpfen geblieben, weil ich bei der Raritätenbörse im Botanischen Garten aus Begeisterung oft viel zu viel mitnehme, wofür ich dann keinen Platz finde. ( heuer ist das ja weggefallen). Manch zarte Pflanze wage ich nicht, in die Wildnis zu setzen, wie die Karthäusernelken, die rote Lichtnelke , das Leimkraut, die Kuhschelle. Sie gedeihen vorläufig geschützt im Topf.

Wichtig ist mir, Pflanzen mit ungefüllten Blüten zu setzen, die den Insekten Nahrung sein können. Ein Teil sollten Hummelpflanzen sein, wie z. B. Akeleien und Fingerhut, die spezielle Blütenformen haben.
Die alten Stauden, die noch zum Großteil von den Großeltern stammen, die 1932 diesen Garten anlegten, dürfen aber bleiben. ( Rosen, Pfingstrosen, Madonnenlilien, Iris). Von den Vorfahren stammen auch die Johannisbeersträucher. Ich habe sie nun ergänzt durch Him-, und Brombeeren und sogar einen Weinstock. Die Obstbäume , Äpfel und Birnen, sind ebenfalls sehr alt. Es wäre gut, bald junge Bäume dazuzupflanzen. Aber wohin? Immer wird mir der Garten zu klein für alle Ideen.

Die Erdhummel hat 2 Jahre lang bei mir am alten Gartenhaus genistet, nun gelingt ihr das nicht mehr. Im zeitigen Frühjahr sehe ich die riesigen Hummelköniginnen nahe dem Boden fliegen und einen Platz für ein Nest zu suchen. Wann werde ich endlich einen fertigen Hummelkasten besorgen und rechtzeitig aufstellen? (Wieder zu spät!) Es gibt auch einzelne Stein-, Wiesen- und Gartenhummeln. Heuer sehe ich sehr wenige Hummeln bei mir. Ich hoffe das ändert sich wieder.
Die solitär lebenden Wildbienen sind sehr klein und schwer zu unterscheiden. Nur wenige nisten in den sogenannten Insektenhotels, viele bräuchten offene Erde oder Stellen mit Sand. Gut wären auch Trockensteinmauern oder Steinhaufen. Projekte für die Zukunft! Bei mir wächst alles sehr schnell zu. Trotzdem treffe ich immer wieder Wildbienen an. Sie und die Hummeln sind wichtige Bestäuber für unsere Nutzpflanzen.
Manche Wildbienen sind spezialisiert auf bestimmte Pflanzen und brauchen diese zum Überleben. In der konventionellen Landwirtschaft wird leider alles an Wildkräutern durch Pestizide beseitigt. Die Gärten der Stadt könnten für sie ein Refugium werden.
Schwebfliegen, Florfliegen und die harmlosen Feldwespen beobachte ich auch, hie und da eine Hornisse.
Schmetterlinge gibt es, jedoch eher vereinzelt. Mein Brennnesselgestrüpp, das ich für sie wachsen lasse, nehmen sie bis jetzt nicht an. Ich freue mich über jeden einzelnen Falter, den ich beobachte. Bläulingen, Weißlingen, Distelfaltern, Segelfaltern, dem Admiral usw. kann ich mit viel Glück und Geduld begegnen. Am Abend flattern Nachtschmetterlinge umher, besuchen die Nachtkerzen. Die schönen großen Nachtfalter sehe ich die letzten Jahre nicht mehr.
Mehr geworden sind meiner Wahrnehmung nach dagegen gewisse lästige Tiere wie die Wanzen. Grün, graubraun, riesengroß, oder kleiner und schwarz weiß, aber alle stinken und zerstören die schönsten Blüten. Kein Tier mag offenbar diese Wesen fressen.
Aber auch harmlose Käfer sind mehr geworden. Oder scheint es so, weil ich aufmerksamer geworden bin? Über die großen Laufkäfer freue ich mich. Viele Arten kann ich nicht benennen. Marienkäfer leben auch hier. Heuer schaffen sie es nicht, die riesige Anzahl von Blattläusen zu dezimieren. Vielleicht muss ich mit Seifenlauge nachhelfen, aber ich warte noch. Ich könnte auch Florfliegenlarven erwischen, die gute Blattlausjäger sind. Gifte kommen mir auf keinen Fall in den Garten, sonst wäre ja alles umsonst.

Manche Pflanzen unterstütze ich mit Schachtelhalmbrühe, Knoblauchbrühe (gegen Mehltau), und Brennnesseljauche (fürs Gemüse). Rainfarn, Beinwell und Wermut sind noch zu klein um sie zu verwenden.
Die großen Malvenarten bekommen bei mir rasch den Rost und sind nicht zu retten , nur Echter Eibisch und Moschusmalve erhalten sich halbwegs gesund.

Allerhand größere Tiere bevölkern den Garten. Jeden Abend ziehen die Igel ihre Runden. Einer riesigen braunen Erdkröte begegne ich manchmal, sie sitzt gern zwischen den feuchten Blumentöpfen. Eidechsensichtungen liegen leider schon länger zurück.
Die Vögel machen viel Freude mit ihrem Gesang. Heuer haben Meisen, Spatzen und Stare in der Umgebung gebrütet, ich weiß nicht, wie viele von den Jungen durchgekommen sind. Gefüttert werden sie nur im Winter, doch ich lasse viele Samenstände stehen und so manches Wildobst, Holunder, Hagebutten und Efeubeeren in der dichten Hecke. Alle diese Tiere brauchen Insekten als Nahrung und die Begegnung mit ihnen macht viel Freude.

Der wilde Garten lädt dazu ein, vieles wahrzunehmen, einfach durch den Garten zu gehen und zu schauen, vorher gut zu überlegen, bevor ich eingreife. Das heißt nicht, dass ich alles verwildern lasse. Es gibt sehr viel Arbeit. Nichts darf überhandnehmen, ein Gleichgewicht ist wünschenswert. Die Hecken und Sträucher müssen in einem kleinen Garten regelmäßig beschnitten werden.

Mein Garten schafft mir viele interessante Erlebnisse. Ich hoffe, damit einen kleinen Teil zur Erhaltung der Artenvielfalt beizutragen.

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