nouveauVogel

Von: Katja Berger | 8. Juni 2024, 10:11

Das Bild entstand 2020 auf einer Leinwand in der Größe von 180 x 160cm und ist in Öl gemalt. Zu sehen sind zwei Personen mit überdimensional großen Vögeln, die jeweils von beiden im Arm gehalten werden. Die zwei begegnen sich auf einer Treppe. Eine der Personen zeigt sich in blonden langen Haaren, mit einem rosa Pullover und blauer Hose, die Schuhe sind klassische Adidas Schlappen. Der Vogel im Arm hat rosa Haar. Die zweite Person hat eine schwarze Kurzhaarfrisur, ihr Pullover ist blau, die Hose schwarz und ihre Fußbekleidung sind Sandalen mit Track-Profilsohle. Sie hält einen Vogel mit graublauem Haar im Arm. Im Hintergrund ist eine kleine Stadt in der Abenddämmerung zu sehen. Es brennen einige Lichter in den Fenstern, eine vereinzelte Straßenlaterne im rechten Bildrand leuchtet hell.  Das Werk entstand während des ersten Corona-Lockdowns. Es stellte sich mir die Frage, inwieweit und in welcher Form die bereits beschlossenen und umgesetzten Einschränkungen noch verschärft werden würden. Dabei war mein Gedanke, unter dem Eindruck der nun zwar noch ungewohnten, aber jeden Tag mehr zum neuen „Normal“ werdenden alltäglichen Absurdität stehend, welche Szenerie sich auftun würde, wenn die Leute nur noch ausschließlich aus dem Hause gehen dürften, um mit ihren Hunden spazieren zu gehen? Und vor allem: wie werden sich die Straßen der Städte bevölkern, wenn die Menschen beginnen, jederlei Art von Haustier als Vorwand zu nutzen, um das Haus verlassen zu können?

nouveauVogel Text | Lado Sachwadze

Unser Funktionieren im normierten Alltag ist bestimmt durch systematisiert gewordene Schemata, die scheinbar unsere äußerliche wie innere Normalität konstituieren und die irgendwann in einer kaum oder unreflektierten Hinnahme vielerlei Zustände und Abläufe münden, die dem immer gleichen Daherbeten zur Aufrechterhaltung derselben Repetition dienen, ohne sich ihrer im jahrelangen Verlauf noch bewusst zu sein. Es ist kaum eine Seltenheit, dass die Beschäftigung mit sich selbst eine untergeordnete Rolle zugeschrieben bekommt und die Individualität und ihr Ausleben in diesem Spiel eine Niederlage erleidet.
Dank einer hoffentlich irgendwann eintretenden Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, die man sich ein- und auch zugestehen muss, entblättert man eine Palette an Angewohnheiten, Ticks, Ungewöhnlichem, kurz: allem, was einen ursprünglich auszeichnet. Im Miteinander - dargestellt in diesem Werk durch eine zweiseitige Treppe - treffen wir in der Mitte einen Kompromiss. Wörtlich schiebt man einen Vogel, führt seinen Vogel - der durch die symbolisierte Übergröße vielleicht ein gewisses Gewicht aufweisen mag - spazieren. Selbstbewusst und gemeinsam lässt man auch ihn endlich frische Luft atmen. Die eigene Akzeptanz erklärt auch die des Anderen besser und umgekehrt; so als würde man sich nun begegnen mit der Selbstverständlichkeit
gegenseitiger Offen,- Aufgeklärt,- und einer sensiblen Vertrautheit, die altes überwunden und neues zugelassen hat.

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