Literatur
Tagebuchartige Einträge II
Von: Verena Gotthardt | 3. April 2020, 20:15
Texte, die am Ende eines Tages entstehen
27. März 2020
wenn ich mich also an den letzten sommer erinnern und das meer hören will, dann setzte ich mich vor den eingeschalteten geschirrspüler und mache die augen zu. bleibe so lange sitzen bis es aufhört.
28. März
und wer glaubt, dass ich jetzt all die dinge mache, für die ich sonst keine zeit habe, der irrt sich. habe heute fast ausschließlich aus dem fenster geschaut. zum ersten mal das gesicht meiner nachbarn gegenüber erblickt. wir, wie wir uns zuwinken und lachen. so, als wären wir in unseren schrebergärten und nur ein hölzerner zaun, der uns trennt.
29. März 2020
ob die leute, die gemeinsam laufen und sich aus zwei meter entfernung erzählungen zuschreien müssen, wissen, dass sie die ganze zeit auch nur hin und her spucken?
30. März 2020
heute wild in meinem zimmer getanzt bevor ich zur post gegangen bin. die küche und das bad geputzt – schon wieder. es fängt an sich zu wiederholen nur eben eine stunde später.
31. März 2020
man soll ja an seiner routine festhalten, sich festkrallen und nie mehr loslassen. besonders jetzt. umso wichtiger also am nachmittag nicht auf kaffee und kuchen zu vergessen. umso wichtiger also auch zu wissen: wacht man am morgen traurig auf, ist man noch viel trauriger. wacht man aber glücklich auf, ist man umso glücklicher als gewohnt.
1. April 2020
wenn man es nicht weiß, dann fällt einem auch gar nichts auf. dann könnte man meinen, alles wäre in bester ordnung und die luft hat sich wirklich schon verändert. viel frischer. ganz klar, wie auf der alm. also, wenn man es nicht weiß, dann ist alles gar nicht so anders.
2. April 2020
und nicht ein scherz gestern.
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