Literatur

SONNENKRANZ. April 2020

Von: Angelika Stallhofer | 8. Mai 2020, 15:30

SONNENKRANZ.

43-48


SONNENKRANZ. 43

Plötzlich die Erinnerung an eine Fähre in Warschau. Aber welcher Fluss? Die Weichsel? Ja, denke ich, ich habe einen Kirschfluss überquert.

SONNENKRANZ. 44

An dich zu denken, zerreißt mir das Papier.


SONNENKRANZ. 45

An dich zu denken, macht stimmlos. Aber meine Sätze haben Kehlen.


SONNENKRANZ. 46

Swingmusik schallt aus dem Hof. Sie ist wie ein Hund, der freudig mit dem Schwanz wedelt - ohne übermütig zu werden.

SONNENKRANZ. 47

Ich trage den großen Mantel der Müdigkeit. Nein, das ist falsch. Die Müdigkeit kann mich nicht kleiden. Denn ich weiß sie nicht abzulegen.

SONNENKRANZ. 48

Ich wollte nach Lissabon fahren und mich in die Straßenbahn Nr. 28 setzen. Ich wollte in ihrem Bauch sitzen bleiben, so starr werden wie ihr Holz. Und irgendwann aussteigen mit gelbem Gesicht. Als hätte sie mich soeben geboren.

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