Literatur

Weltenwertewende Teil7

Von: Dr. Ingeborg Wressnig | 7. Mai 2020, 13:58

"Die Weltenwertewende." Ein Corona Tagebuch.

"Vom Lachen zum Weinen und wieder zurück."

"Wenn die Sucht nach dem „Paradies“ krank macht, kann das Bessere schnell zum Feind des Guten werden".

27. April 2020

Mit Herz und Seele suchte Bundeskanzler Figl das “ Verbindende, Gemeinsame“. Am 6. April entkam er der Todeszelle der Nazis im Konzentrationslager.
Am 27. April gehörte er der provisorischen Regierung in Österreich an. Im Dezember wird er der erste Bundeskanzler der zweiten Republik Österreich. Leopold Figl hatte den Diktator Hitler besiegt. Am 15. Mai war er und wir mit ihm am Ziel: „Österreich ist frei“.

Frei von Corona werden wir erst sein, wenn wir einen Impfstoff haben. Keine Firma allein wird den Weltbedarf decken können. Die WHO möchte dir Ressourcen mit möglichst vielen Staaten bündeln. Die USA beteiligen sich nicht daran. Ist zu hoffen, dass Trump wie schon so oft plötzlich seine Liebe und Faszination für das Gegenteil entdeckt oder hoffentlich nicht mehr gewählt wird. Das bedeutet nicht, dass die WHO „den Kampf um den Vorteil“, koste es was es wolle, nicht für sich immer wieder beansprucht hat und wird.

In Österreich steht der Staat jetzt, „koste es was es wolle“, hinter der Wirtschaft. Leicht gesprochen, nicht zu halten. Das Ende der Ausgangsperre wird verkündet und der Verhaltenskodex erläutert. Die Regierung empfiehlt uns, ihn mit Hausverstand zu befolgen. Wirtschaftliche und medizinische Faktoren reichen nicht aus, um das Ende abschätzen zu können. Wir brauchen psychische und soziale Faktoren, auf die wir uns verlassen müssen.

Wie weit Österreich das noch nicht absehbare Ende der Pandemie ernst nimmt, bleibt offen.
Die Menschenwürde, Die Qualität des Lebens, das selbstbestimmte Leben ist jetzt mehr gefordert denn je. Isolationsstationen, das Gefühl von Stagnation muss dem Wandel in die Lebendigkeit weichen.

Wie hat Voltaire den Satz gemeint: „Das Bessere ist der Feind des Guten“. Einerseits sollte man immer nach dem Besseren streben. Wenn die Sucht nach dem „Paradies“ aber krank macht, kann das Bessere schnell zum Feind des Guten werden. Gewinn und Preis.
Was hilft, was schadet.

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein.

Was wir ganz sicher brauchen, ohne nur eine Sekunde nachzudenken ist: Mehr Wertschätzung mehr Ausbildung und bessere Bezahlung für alle Helferberufe.

28. April 2020

Festakt mit Schutzmasken in Rot weiß Rot

Figl hat „Das Herz auf der Zunge getragen“. Er könnte die österreichische Symbolfigur für die Weltenwertewende 2020 werden.

Ich glaube, dass nicht nur in mir, sondern in vielen Menschen in diesen Wochen unser Freiheitsbewusstsein gestärkt wurde.

Nicht nur die Seele braucht unsere Konstruktion vom „Freien Willen“, sondern wir, als Gesellschaft brauchen die Möglichkeit, Verantwortung übernehmen zu können.

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein.

Wir werden gestärkt aus der Krise herauskommen.

Wir werden uns um die langfristigen Auswirkungen in allen Bereichen kümmern müssen. Die „ Ordnungen der Liebe“ noch besser beachten.

Nichts kann sein, ohne das Vorher Etwas da war.
Die Würde des Menschen muss an zweiter Stelle stehen.
Das Überleben
Das selbstbestimmte Leben
Die Verantwortung für subjektive Qualität des Lebens müssen von uns allen getragen werden.

Das Handy läutete
Lebendigkeit durchströmt mein Herz und meinen Geist: Unsere Kinder haben uns auf ein „Distanzbier“ auf ihre Terrasse eingeladen.

Ich nütze meine Kreativität und nähe mir eine Europa-Schutzmaske, die kann ich dann, wenn eine mögliche neue Welle kommt, mit der Österreichischen Schutzmaske nach Belieben austauschen.

„Schau auf dich ich schau auf mich in Österreich und in der EU. So schützen wir uns.“

Meine Tochter und meinem Schwiegersohn hatten die Gartensesseln im sicheren Abstand mit Blick auf die Stadt verteilt. Das Bier, das Käsegebäck warteten schon auf uns.
Der kleine elektrische Rasenmäher darf, auch ohne Abstand einzuhalten arbeiten.
Während wir in der Bierpause uns über die neuersten Geschichten Erzählungen austauschen, enden wir wieder einmal bei der schier unlösbaren Aufgabe „Wahrheit und Wirklichkeit“ zu unterscheiden. Kontexte so zu definieren, dass Geschichten glaubwürdiger werden, noch weit entfernt von möglicher Wahrheit. „Ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung“. Ein aufmunternder Satz von Herrn Michael Tschida.
Wir einigen uns auf : „Gemeinsam sind wir nicht nur in unseren „Vier Wänden“ stärker und lebendiger, sondern auch in der EU.“

Nicht nur die Öffnung der Schulen Kindergärten Geschäfte Lokale beginnt, sondern auch die Öffnung der Herzen.

Ö: Nicht nur in Österreich sondern hoffentlich auch in der EU.
F: Freude leben
F: Freunde, Familienmitglieder sehen
N: Neubeginn
U: Keinen Unfug treiben
N: Den Notstand beenden
G: Gruß aus Graz, einer sehenswerten Stadt in Europa.

29. April

Hilfe ist jetzt mit Abstand am wichtigsten.

Der Regen trommelt aufs Dach
Heute ist mit und ohne Corona : Heim-Tag.

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein.

Heute sinkt die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung durch Jogger und Radfahrer.
Flexibilität, Alternativunterricht ist angesagt. Ich kann mir die Lehrer als Vorbild nehmen. Sie haben die Krise bis jetzt mit viel Engagement, Wissen, Können, Anpassungsfähigkeit gemeistert.

Leider gibt es bei ihnen die Lehrergewerkschaft.
„Bezahlten Urlaub gegen ein paar schulfreie Tage in der Krisenzeit zu opfern, bedeutet Gesetzesbruch.
Die Fenstertage werden nicht „geopfert“. Die stehen uns gesetzlich zu.“
Das Recht, dass uns in dieser Welt nichts per se zusteht, wäre meiner Meinung nach, eine wichtige Grundhaltung gerade für Pädagogen.
Demut vor dem Geschenk des Lebens, scheint in keinem Lehrplan des Herrn Gewerkschaftsvertreters eingeplant gewesen zu sein. Vielleicht hat er auch im Unterricht gefehlt. Nein sagen und überhöhte Forderungen stellen ist leicht.

„Vereinzelte Lehrer, so der Kommentar in einem Leserbrief scheinen den Lehrerberuf doch wegen der vielen Urlaubstage gewählt zu haben.“
„Besseres“ hätten im Moment sich alle Menschen verdient

Meine Freundin hat Geburtstag. Die größte Freude des heutigen Tages, es geht ihr wieder besser. Einen schönen Blumenstrauß muss ich finden. Hab ich meinen Mundschutz, für alle Fälle Handschuhe und ein Infektionsmittel eingepackt.
Ich bin gewappnet. Nicht nur für das Blumengeschäft, sondern auch für die Übergabe der Blumen über das geschlossene Gartentor.
Ab nach Hause, wo die täglichen Rituale auf mich warten.

30. April

Ein Albtraum schreckt mich in aller Früh aus dem Bett.

Meine Enkelin und ihre Tante, die Schwester ihres Vaters sind auf einen Schnee Berg geflogen, um endlich die Lust der Freiheit zu genießen.
Da bekam ich die Nachricht, dass sie abgestürzt sind. Der Schmerz das Leid der Tod packt mich. Ich fahre so schnell es geht zu meiner Tochter, um sie in diesen schrecklichen Stunden der Ungewissheit zu unterstützen. Am Weg zu ihr bekomme ich einen Anruf von meiner Tochter: Sie haben überlebt. Ich erkenne am Rücksitz des Autos, das vor mir fährt, meine Tochter, die Tante und meine Enkelin von hinten. Dann wache ich auf.Ich versuche den Traum auf der Persönlichkeitsebene für mich zu deuten. Welcher Persönlichkeitsanteilen treffen sich, um welches Ziel zu erreichen.
Am Abend zuvor habe ich mit Wut im Bauch wieder einmal einen „wahren“ Fachmann gehört der Kurz beschimpft hat und Schweden gelobt.
Sichtlich wollte meine Seele die Verwirrung auflösen, die Unsicherheit, die diffuse Gefahr verarbeiten.
Das Aufflackern der lustvollen Seite in mir scheint schon an der Türschwelle zu warten bis die Türe geöffnet wird.
Ein vorsichtiger Teil in mir scheint mich wohl warnen zu wollen, achtsam zu sein, nicht gleich den Mount Everst besteigen zu wollen.

Ich muss mich beruhigen. Mein seelisches Gleichgewicht wieder finden. Der Schloßberg ist ein Ressourcenraum für mich.
Ich sitze ganz allein auf einer Sonnenbank mit Blick auf das „Starcke Haus“.
Ich lese die Tafel an der Hauswand. 1575 errichtete der Festungsbaumeister am Fuße der Stallbastei einen Pulverturm.
1842 folgte ein Winzerhaus mit Weinterrassen. Seit der Jahrhundertwende bewohnte der Hofschauspieler Gustav Starke das Winzer Haus und verfasste einige Gedichte, die dem Schlossberg gewidmet sind.

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein.

Seit meiner Kindheit, gehe ich hier immer wieder vorbei, noch nie habe ich diese interessanten geschichtlichen Zusammenhänge gelesen. Ich schließe meine Augen und schwelge in schönen Kindheitserinnerungen, bis mir die Überschrift in der Regionalzeitung von heute einfällt: „Letztes Wüten vor dem Neubeginn“. Geheime Aufnahme vom Todesmarsch der jüdischen Ungarn durch die Steiermark.

Am Samstag, den 2. Mai dürfen die Geschäfte in der Innenstadt aufsperren. Der Vorstand von Kastner und Öhler, hat sich entschieden den Weltenwertewandel, dank finanzieller Unterstützung des Staates und der Verbundenheit der Mitarbeiter und Kunden, das Risiko mitzutragen. Ein Neustart mit einem Kampf um jeden Kunden. Wohin die Reise geht wird sich erst im Gehen zeigen.

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein.

Wie glücklich kann ich mich schätzen, dass ich als Baby am 30 April 1945 keine Ahnung hatte, was damals rund um mich geschehen war.

Ich liebe die Sonne, die Stille Zeit. Der Blauglockenblumenbaum vor mir öffnet bereits seine ersten Blüten. Eine kleine Eidechse tummelt sich zwischen meinen Füssen. Bis zum 15. Mai müssen alle Cafe Tische und Sesseln noch ihren „Coronaschlaf“ halten. Dann geht es los, aber bitte mit Abstand.

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