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Hochzeit 1949 - Das rettende Schwein

Von: Silvia Sator | 2. April 2025, 10:38

Für das Festessen anlässlich der Nachkriegshochzeit meiner Eltern wurde ein Schwein illegal mit einer Beiwagenmaschine nach Wien transportiert - es war als alte Dame verkleidet, um durch die russischen Kontrollen zu kommen.

Meine Eltern haben in der Pfarrkirche in Floridsdorf am Kinzerplatz mitten im Winter 1949 geheiratet. Das Hauptproblem war die Bewirtung der zahlreichen Gäste. Meine Großeltern kamen beide vom Land und hatten viele Geschwister, für die sie viele Jahre gastfreundlich der Anlaufpunkt in Wien gewesen waren. Jetzt war Zeit für die Revanche: Ein Bruder meines Großvaters mit einer Landwirtschaft in Lassee im Marchfeld war bereit, ein illegal geschlachtetes Schwein beizusteuern. Wie es gelungen ist, an eine Beiwagenmaschine samt benötigtem Benzin für die 40 km Fahrt zu kommen, weiß ich nicht. In jedem Fall war der Transport eines Schweines durch die Russenzone sehr gefährlich. So griff mein Großvater, der ein begnadetes Schlitzohr war, zu einem Trick: Man bekleidete das Schwein und setzte es mehr oder weniger aufrecht in den Beiwagen, sodass es wie eine dicke, alte Dame wirkte. Mein Vater und der Großvater auf dem Motorrad schwitzen Blut, als sie in eine Kontrolle gerieten. Sie wurden durchgewunken, weil man sich mit ein paar Brocken Russisch verständigen konnte. Ob auch eine kleine Bestechung dabei war, weiß die Familiengeschichte nicht.
So war das Festessen - für die meisten Gäste das erste nach dem Krieg - gesichert und ein großer Erfolg.
Meine Eltern bauten bis 1953 mehr oder weniger eigenhändig ein Siedlungshaus in Wien 21, am Bruckhaufen und waren 75 Jahre glücklich verheiratet.

Umgebungskarte "Versorgung"
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