Literatur

Konditionalsätze 1

Von: Harald Mittermann | 28. März 2020, 13:20

In Zeiten absurder, wenn auch bedrohlicher Wirklichkeiten bedarf es absurder Texte.

Wenn mein Hund sprechen könnte, würde er von mir verlangen, dass ich aufhöre, ihn zu duzen. Schließlich sei er zwar gewissermaßen Familienmitglied, doch hätte er sich das ja nicht ausgesucht. Auch wenn die Aufnahme in die Familie nicht eigentlich gegen seinen Willen erfolgte, so doch zwangsweise. Man hätte ihm damals keine Alternative gelassen, denn sich durch Knurren, Zähnefletschen oder gar Schnappen und Beißen der Transaktion zu entziehen, hätte ihm nicht nur sein Naturell, sondern auch seine gute Erziehung verboten.
Nun aber sei es an der Zeit, ihm den nötigen Respekt auch sprachlich entgegen zu bringen. Wir sollten ihn also, wie es sich gehört, mit "Sie" ansprechen. Immerhin räumt er ein, es möge offen bleiben, ob nicht nach einer längeren Phase der Erprobung, wenn man sich auch im Diskurs näher gekommen sei, eine größere Intimität in der Ansprache angedacht werden könnte.
Es fällt mir schwer, dagegen etwas einzuwenden. Bei mir kommen Schuldgefühle hoch, etwas falsch gemacht zu haben, und ich meine, dass er schließlich Recht hat; denn ein Hund, der sprechen kann, sich differenziert ausdrücken kann, um korrekt und sachlich zu argumentieren und vernünftige Wünsche zu äußern, dürfte ja vielen Menschen etwas voraus haben.

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