Budapest verliert linksliberalen Bürgermeister
Ungarn: Fidesz-Partei baut Machtfülle aus
In Ungarn hat die rechte Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orbán nun auch die Kommunalwahlen gewonnen. Die nationalkonservative Partei regiert jetzt in allen 19 Komitaten und in fast allen Städten und Gemeinden. Auch die Hauptstadt Budapest, seit der Wende linksliberal, bekommt künftig einen Fidesz-Bürgermeister.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.10.2010
"Kommunistische Verhältnisse"
Die nationalkonservative Fidesz-Partei unter Premierminister Viktor Orbán hat eine für europäische Demokratien beispiellose Machtfülle erhalten. So eine Dominanz einer einzigen Partei kennt man eigentlich nur in kommunistischen Staaten. "Fidesz-Land ist geboren", kommentieren viele Medien in Ungarn nach den Kommunalwahlen am Sonntag. In allen 19 Komitaten hat Fidesz die Mehrheit, 95 Prozent aller Städte und Gemeinden haben in den nächsten vier Jahren einen Fidesz-Bürgermeister.
Zweidrittel-Mehrheit für Orban
Auch in Budapest gibt es einen Rechtsruck, hier hatte bisher der linksliberale Gábor Demszky das Sagen. Er ist nach 20 Jahren im Amt nicht mehr zur Wahl angetreten. Budapester Oberbürgermeister wird der Fidesz-Mann István Tarlos. Einzig in der südungarischen Stadt Szeged konnte sich der sozialistische Bürgermeister im Amt halten. Die Wahlbeteiligung war mit 46,5 Prozent gering. Vor vier Jahren betrug sie deutlich über 50 Prozent.
Die Kommunalwahlen werden von vielen als eine Art Zeugnis für den Regierungskurs der Orbán-Regierung betrachtet, die seit einem halben Jahr mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit regiert. Premierminister Viktor Orbán sieht sich jetzt in seinem Kurs bestätigt: "Im April waren sich die Ungarn über die Notwendigkeit eines Regierungswechsels einig, am heutigen Tag haben die Ungarn erklärt, dass das Land in die richtige Richtung geht. Ja, so müssen die Dinge gemacht werden."
Internationale Kritik
Orbáns Regierungskurs stößt zwar im Inland auf breite Zustimmung, nicht aber im Ausland. So etwa hat der ungarische Premierminister Verhandlungen mit dem dem Internationalen Währungsfonds abgebrochen, weil er die vom IWF verlangten Sparauflagen nicht akzeptieren will. Kurz darauf schockte er vor allem ausländische Banken mit der Einführung einer extrem hohen Banksteuer. Zudem brüskierte Orbán die Slowakei mit seinem Doppelstaatsbürgerschaftsgesetz: Das Gesetz besagt, dass jeder ethnische Ungar im Ausland die ungarische Staatsbürgerschaft bekommt, wenn er sie will. Die Slowakei mit ihren rund 500.000 ethnischen Ungarn protestiert jetzt dagegen, dass slowakische Staatsbürger ganz einfach Ungarn werden können.
"Gesetze aus totalitären Regimen"
Für Orbáns umstrittenes Mediengesetz, das direkten Regierungseinfluss auf öffentlich-rechtliche Medien ermöglicht, handelte sich Premierminister Orbán massive Kritik der OSZE ein, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Seitens der OSZE hieß es wörtlich: "Gesetze wie dieses sind nur aus totalitären Regimen bekannt, in denen Regierungen die Redefreiheit einschränken." Auch die Wahlrechtsänderungen dienen nach Ansicht von Kritikern nur dem Zweck, die Macht der Fidesz-Partei zu zementieren. Zum Beispiel wurde das Wahlrecht im Hinblick auf die Kommunalwahlen so verändert, dass es für unabhängige Kandidaten viel schwieriger war, zu kandidieren.
Neue Niederlage für sozialistische Partei
Die sozialistische Partei Ungarns, kurz MSZP, hat nach den Parlamentswahlen im April nun wieder eine schwere Schlappe erlitten. Parteichef Attila Mesterházy ist froh, dass es die Partei noch gibt: "Die MSZP hat besser abgeschnitten als erwartet. Die Wahl hat gezeigt, dass wir die stärkste Opposition im Land sind."
Rechtsradikale Jobbik stürzt ab
Ganz schwach hat die rechtsradikale Partei Jobbik abgeschnitten. Nach knapp 17 Prozent bei den Parlamentswahlen im April kam Jobbik diesmal landesweit nur auf 5 Prozent.