Lukaschenko verschärft Vorgehen
Oppositionskind ins Waisenhaus?
In Weißrussland verschärft das Regime von Alexander Lukaschenko sein Vorgehen gegen die Opposition. Der dreijährige Sohn eines der Kandidaten, der seit der Wahl am 19. Dezember in Haft ist, soll jetzt den Großeltern weggenommen und in ein staatliches Waisenhaus gesteckt werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 14.01.2011
"Ich werde von der Polizei geschlagen"
Am 19. Dezember hat der kleine Danil seine Eltern das letzte Mal gesehen. Sein Vater ist Andrei Sannikov, der bekannteste der neun Kandidaten, die Alexander Lukaschenko bei der Präsidentschaftswahl herausgefordert haben. Seine Mutter ist Irina Chalip, mehrfach ausgezeichnete Journalistin und Korrespondentin der Moskauer Zeitung Novaya Gazeta.
In der Nacht nach der Wahl wurden die beiden verhaftet, als Chalip gerade dem Radiosender Echo Moskaus ein Interview gab: "Mein Mann Andrei Sannikov wurde von der Polizei schwer verletzt, wir fahren gerade ins Krankenhaus. Einen Moment, wir werden gerade von der Verkehrspolizei aufgehalten, sie wollen uns wohl einpacken. Sie ziehen mich aus dem Auto. Sie drehen uns die Hände nach hinten. Hilfe, ich werde von der Polizei geschlagen."
Kandidaten drohen 15 Jahre Haft
Das war der letzte Kontakt, den irgendjemand außerhalb des weißrussischen Geheimdienstes KGB mit Chalip hatte. Ihr und ihrem Mann drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis, da sie wegen der Anstiftung zur öffentlichen Aufruhr angeklagt wurden, ebenso wie rund 20 anderen Kandidaten und Aktivisten, die weiter in Haft sind. Der Sohn von Chalip und Sannikov ist jetzt bei seinen Großeltern, aber schon mehrmals sind dort Sozialarbeiter aufgetaucht die herausfinden wollten, ob die beiden auch in der Lage wären, sich um den Buben zu kümmern. Sollten sie bis Ende des Monates nicht beweisen können, dass der Bub bei ihnen in guten Händen ist, wird er in ein staatliches Waisenhaus gesteckt.
OSZE aus dem Land geworfen
Nicht nur gegen die Gegner im Land selbst geht das Regime von Alexander Lukaschenko immer härter vor, auch international ist es offenbar nicht bereit einzulenken. Vor kurzem wurde die Gesandtschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE aus dem Land geworfen. Die OSZE hatte die Präsidentschaftswahl beobachtet und dabei grobe Mängel festgestellt.
EU berät über Sanktionen
Die Europäische Union berät inzwischen über Sanktionen gegen Weißrussland. Gegen führende Politiker und Beamte sollen ein Einreiseverbot in die EU verhängt werden. Auch Wirtschaftssanktionen sind möglich, heißt es aus Brüssel. Das hätte auch Auswirkungen auf Österreich. Nach Russland sind österreichische Firmen in Weißrussland die zweitgrößten Auslandsinvestoren.