Sanktionen gegen Lukaschenko problematisch

Was tun mit Weißrussland?

In der Europäischen Union häufen sich Rufe nach einer Wiedereinführung der Sanktionen gegen die weißrussische Führung. Präsident Lukaschenko hat auf seine Wiederwahl im Dezember mit einer massiven Repressionswelle reagiert. Sanktionen wären ein klares Signal, könnten aber auch neue Probleme aufwerfen.

Mittagsjournal, 05.01.2011

EU unter Zugzwang

Durch Geduld und diplomatische Flexibilität wollten die EU-Staaten den als letzten Diktator Europas kritisierten weißrussischen Präsidenten in den letzten Jahren von seinem autoritären Kurs abbringen. Ein Einreiseverbot für Alexander Lukaschenko und seine engsten Mitarbeiter ist vor zwei Jahren ausgesetzt worden. Doch jetzt weht wieder ein eisiger Wind in Minsk, die Europäer müssen reagieren. Selbst wenn das heißt, dass Lukaschenko wieder verstärkt in die Arme Russlands getrieben wird.

Ashton und Clinton einer Meinung

EU-Außenpolitikchefin Cathrine Ashton kritisiert gemeinsam mit der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton, dass Weißrussland eine Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit OSZE formlos aus dem Land geworfen hat. Die europäischen Menschenrechtsexperten hatten Fälschungen bei den Präsidentschaftswahlen von Dezember angeprangert. Unisono verlangen Ashton und Clinton die Freilassung der gefangenen Oppositionellen und ein Ende der Repressionsmaßnahmen gegen die Medien.

Sorge um Isolierung

Die heikelste Entscheidung für die Europäer betrifft jedoch die mögliche Wiedereinführung von Sanktionen gegen die weißrussische Staatsführung. Die Regierung in Minsk warnt, ein solcher Schritt wäre kontraproduktiv und perspektivlos. Tatsächlich würde die EU damit eingestehen, dass die jahrelangen Bemühungen um eine Annäherung an das östliche Nachbarland gründlich gescheitert sind. Deutschland und Schweden bezeichnen die Wiedereinführung der Sanktionen bereits als unvermeidlich. Dagegen warnt Litauen vor einer Isolierung Weißrusslands. Litauen ist gegenwärtiges Vorsitzland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit und hofft noch immer auf ein Einlenken Lukaschenkos.

EU-Vorsitzland selbst umstritten

Weißrussland gehört zu den osteuropäischen Ländern, die von der EU im Rahmen der sogenannten östlichen Partnerschaft zu verstärkter Zusammenarbeit eingeladen werden sollen. Die Verhandlungen führt als neues EU-Vorsitzland auch Ungarn, das aber mit seinem als autoritär kritisierten neuen Mediengesetzes selbst einen Proteststurm ausgelöst hat. Um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen schlägt jetzt Deutschland vor, dass Ungarn bei Medienfragen auf die Verhandlungsführung mit Weißrussland verzichtet und der unbestrittenen Europäischen Kommission den Vortritt lässt. Der Umgang mit neuen autoritären Versuchungen in Europa erweist sich schwieriger als erwartet.