Porträt Llyn Foulkes

Einen Künslter, an dessen Arbeiten man bei einem Besuch der diesjährigen documenta nicht vorbeigehen sollte, ist der amerikanische Künstler Llyn Foulkes. Der 1934 geborene Malerrebell eckt immer wieder mit der Kunstszene an - das dürfte wohl der Grund sein, warum er im Unterschied zu Studienkollegen wie Ed Ruscha und John Baldessari noch immer nicht ganz oben am Kunstmarkt angelangt ist. Stattdessen wird der fast 80-jährige Künstler alle zehn Jahre neu entdeckt.

Offensichtlich ist es jetzt wieder einmal soweit: Llyn Foulkes ist bei der documenta 13 vertreten, im Vorjahr wurden seine Bilder bei der Venedig Biennale gezeigt und im Herbst hat er zwei Ausstellungen in New York.

Kulturjournal, 20.8.2012

"The Machine" ist ein knallrotes Ein-Mann-Orchester. Eine aberwitzige Konstruktion aus alten Autohupen, Kuhglocken, Xylophon, Drums und integrierter Bassgeige, der Llyn Foulkes unter Verwendung von Armen, Füßen, Ellbogen und Knien bizarre Töne entlockt. Dazu singt er Sätze wie "no name, no fame".

Foulkes verachtet den Ruhm und wie manche Künstlerkollegen dafür von der Kunst zum Marketing umschwenken. Damien Hirst ist für ihn so ein Fall: Zu einer Zeit, als Foulkes an der renommierten UCLA unterrichtete, habe Hirst einen Posterverlag gestartet. Und heute bestimme Hirst, was am Kunstmarkt von Wert sei. Und er setzt nach, dass er das kaum glauben könne.

Bedrohliche Collagen

"Llyn Foulkes ist so etwas wie ein einsamer Rächer des Kunstmarktes. Er macht sein eigenes Ding, folgt keinen Trends und spielt nicht das Networking-Spiel", hat einmal die junge Museumskuratorin Ali Subotnick gesagt, die für 2013 eine große Foulkes-Retrospektive in L.A. vorbereitet.

Viele Künstler wollten einfach Geld machen, sagt der Künstler und macht wilde, bedrohliche Bilder, die eine unglaubliche Tiefe besitzen. Eigentlich sind es eher Reliefs: geheimnisvolle, düstere Collagen, in denen bewaffnete Mickey-Mäuse in weiten hügeligen Landschaften auf LKW-Züge treffen. Dazwischen noch irgendwo ein TV-Gerät auf einer Müllhalde und ein Schwarzer in Hockstellung, der kaum von seinem dunklen Hintergrund zu unterscheiden ist.

Mickey-Mäuse gegen Disney

Auch mit diesen Bildinhalten eckt Llyn Foulkes an: Mit den immer wieder vorkommenden Mickey-Mäusen prangert er den kalifornischen Medienkonzern an. Es habe alles damit angefangen, dass er 1934 das Handbuch des "Mickey Mouse Clubs" gelesen habe, so Foulkes. Da habe er gelesen, wie man Sachen so in die Köpfe von Kindern implantiert, dass sie unbewusst absorbiert werden. Disney habe uns alle einer Gehirnwäsche unterzogen, sagt Foulkes.

Surreale Bildkompositionen und obskure Gesellschaftskritik ist typisch für Foulkes' Werk. Mal bekommt Frank Gehry die weiße Cartoon-Faust mitten ins Gesicht, mal liegt die Cartoon-Maus mit einem rauchenden Loch im Bauch am Boden. Denn dem Medienkonzern sei es nur darum gegangen, die Kinder zu Konsumidioten zu machen, die all das Plastikzeug kaufen. Zu seiner Zeit seien die Dinge noch gemacht worden, um haltbar zu sein. Heute gebe es nur noch Wegwerfprodukte, die die Jugend durch die Farben fasziniere.

Diese Hirnwäsche sei auch der Grund dafür, warum ganz Amerika nur mehr unterhalten werden wolle. Auf neue Dinge - wie etwa in der Kunst - wollten sie sich nicht einlassen, sie wollten sich auch nicht berühren lassen. Und nur das sehen, was sie immer sehen - mit ein Grund, warum sich Llyn Foulkes am Kunstmarkt noch nicht endgültig etabliert hat.

Entsetzen der Nachkriegszeit

Foulkes' Arbeiten sind düster. Das sei noch ein Relikt aus der Nachkriegszeit, als er als 19-jähriger Soldat in Deutschland stationiert war. Er ging damals durch all die zerbombten Häuser und dachte sich: Wer kann so etwas machen? Er war schockiert von der Unmenschlichkeit. Bis heute wirken sich diese Erlebnisse nachhaltig auf seine Kunst aus.

Auch ein Relief, das den Künstler mit seiner Frau im Ehebett zeigt, ist trostlos. Sie - in Wachs gefertigt - sieht aus, als würde sie tot im Bett liegen. Tatsächlich starrt sie nur auf einen Fernseher irgendwo im Off. Das war vor der Scheidung.

Echte Handarbeit

Dieses und die anderen Bilder wirken so plastisch, weil Llyn Foulkes die Gemälde eindrückt und ausbeult, um die Illusion eines tiefen Raumes zu erzeugen. Dazu verwendet er Holz, Acryl und Sperrholz. Die hohe handwerkliche Qualität seiner Arbeiten ist mit ein Grund, warum Llyn Foulkes weit unter seinem Wert gehandelt wird: Nachdem er in den 1960ern gut durchgestartet war mit einer ersten Ausstellung, 1961 mit seiner ersten Museumsschau in der legendären Ferus Gallery, war er bei den Konzeptkünstlern der 1970er Jahre in Ungnade gefallen. Niemand glaubte mehr an Handarbeit, während Llyn Foulkes oft jahrelang an diesen Bildern arbeitete. Er geht immer wieder zurück, um sie zu perfektionieren. Die Kunst ist seine Folter, sagt Foulkes, während die Musik seine Freude ist, weil er sich in der Musik freier fühlt.

Musik hat Foulkes von Anfang an gemacht: Er war ab den späten 1960er Jahren Schlagzeuger. Mit seiner Rubber Band hatte er sogar einmal einen Auftitt mit den Doors. Bis heute tritt er mit seinem bizarren Orchester "The Machine" regelmäßig an der Westküste auf und hat auch schon eine CD mit seinen Kompositionen herausgebracht.

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