Debatte über Fußfessel für Sexualstraftäter

Die Entscheidung des Linzer Oberlandesgerichts, einem Sexualstraftäter die elektronische Fußfessel zu genehmigen, hat für viel Aufsehen gesorgt. Die Opfer seien durch das Urteil verunsichert und empfänden die Strafe als zu mild, sagen Opferschutzexperten. Die Fußfessel für Sexualtäter sollte nur nach strenger Prüfung erlaubt sein, meinen Strafrechtsexperten.

Mittagsjournal, 22.08.2012

Tanja Geleckyj

"Rückfallgefahr genau prüfen"

Der elektronisch überwachte Hausarrest ist eine Vollzugsform, die grundsätzlich zu begrüßen ist, sagt der Strafrechtsexperte Helmut Fuchs. Eine Entscheidung zur Fußfessel hänge aber ganz vom Einzelfall ab und vor allem von der Frage eines Missbrauchsrisikos. Es sollte eine konkrete Prognose erstellt werden, ob es während des elektronisch überwachten Hausarrestes zu weiteren Straftaten kommen könnte. Wenn die Gefahr nicht gegeben bzw. sehr gering sei, dann wäre die Fußfessel grundsätzlich auch bei Sexualstraftätern möglich, sagte Fuchs im Ö1-Mittagsjournal.

Maximal ein Jahr Strafe und eine eingehende Prüfung der Risikofaktoren sind die Voraussetzungen, um eine Fußfessel zu erhalten. Der Fußfesselträger muß sich zu bestimmten Zeiten zu Hause aufhalten und ebenso zu festgelegten Zeiten arbeiten. Nur in dieser Zeit darf er das Haus verlassen. Hält er sich nicht daran, wird sofort Alarm geschlagen.

"Linzer Urteil verunsichert Opfer"

Um eine solche Entscheidung zu treffen, sehe das Gericht eine strenge Prüfung vor, so Fuchs. Eine gesetzliche Änderung, die vorsieht, Sexualstraftäter von der Möglichkeit einer Fußfessel auszuschließen, ist für den Strafrechtsexperten nicht notwendig. Er sei gegen eine generelle Ausnahme, aber für eine strenge Überprüfung, sagte Fuchs. Außerdem sollte das Rückfallrisiko sehr gering sein, geringer als etwa bei Vermögensdelikten.

Anders sieht das Rosa Logar von der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz dürfe nicht das Signal aussenden, dass es sich um ein Bagatelldelikt handle und es keine Gefängnisstrafe brauche. Für die Opfer bedeute eine derartige Entscheidung eine enorme Verunsicherung, so Logar.

Zu milde Strafe für Sexualstraftäter?

"Ein Gewalterlebnis, insbesondere sexuelle Gewalt, ist natürlich ein schweres Trauma für jeden Menschen. Das zerstört sehr viel an Vertrauen in die Welt", so Logar. Es sei sehr schmerzhaft für die Opfer, wenn die Täter mit einer "relativ milden Strafe" wie einer Fußfessel davon kommen.

Ganz ausschließen will Logar die Möglichkeit einer elektronischen Fußfessel für Sexualstraftäter aber nicht. Man müsse sich nur sicher sein, dass die Seite des Opfers beachtet wird. Das Opfer könne anwaltlich vertreten werden, wenn über solche Maßnahmen entschieden werde, somit könne auch die Stimme des Opfer gehört werden, schlägt Logar vor.

Justizministerium gegen Linzer Entscheidung

Auch das Justizministerium hat mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts keine Freude. "Aus unserer Sicht, hätte dieser Täter keine Fußfessel bekommen sollen", räumte der Sprecher von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) ein. Man akzeptiere aber die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts.

Der Verurteilte habe so viele Einsprüche eingelegt, dass er zwei Jahre lang auf freiem Fuß gewesen ist, so der Sprecher weiter. Das Oberlandesgericht habe nun offenbar damit argumentiert, dass in diesen zwei Jahren keine weitere Anzeige gegeben habe und dies für eine Fußfessel spreche. Im Ministerium räumt man aber ein: das Faktum, dass es keine Anzeige gegeben habe, müsse nicht bedeuten, dass der Täter nicht rückfällig geworden sei.