Weniger Einsätze wegen praktischer Probleme

Elektronische Fußfessel unter Erwartungen

Elektronische Fußfesseln werden bei weitem nicht so oft eingesetzt, wie es das Justizministerium ursprünglich erwartet hat: 500 Personen jährlich sollten ihre Freiheitsstrafe oder Untersuchungshaft mit der Fußfessel absitzen. Acht Monate nach Einführung sind es bisher 227 Personen.

Morgenjournal, 11.05.2011

Nina Flori und Barbara Gansfuss

Probleme in der Praxis

Dass die ursprünglich angestrebte Zahl von 500 Fällen bis Ende August noch erreicht wird, erscheint unwahrscheinlich, meint Andreas Zembaty vom Verein Neustart. Vor allem die Zahl jener Häftlinge, die die letzte Zeit ihrer Haftstrafe mit der Fußfessel in ihrer Arbeitsstätte und zuhause verbringen, blieb hinter den Erwartungen: Nur 48 Personen konnten das Gefängnis mit Hilfe der Fußfessel bisher vorzeitig verlassen, sagt der stellvertretende Vollzugsdirektor Peter Prechtl. In der Praxis zeigte sich besonders die Schwierigkeit, einen Arbeitsplatz für die Häftlinge zu bekommen. Anfang Juni werde man darüber beraten, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

"Bedenken entkräften"

Und auch bei der Untersuchungshaft sei das Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft, meint Andreas Zembaty von Neustart: Lediglich drei U-Häftlingen wurde die Fußfessel bisher gewährt. Die Justiz sei da aufgefordert, die Bedenken der Staatsanwälte und Richter zu entkräften, "indem man die Dimension der Fluchtgefahr neu interpretiert".

Minutiöse Planung

Den größten Anteil der Fußfessel-Träger stellen Menschen, die zu einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr verurteilt wurden. 176 Menschen konnten so bisher in ihrem gewohnten sozialen Umfeld weiterleben und mussten nicht ins Gefängnis. Die Zeiten, in denen sie ihre Wohnung verlassen dürfen, setzen Sozialarbeiter mit Hilfe minutiös geführter Wochenpläne fest.

Finanziell rentabler

Fußfessel-Häftlinge bringen auch volkswirtschaftliche Vorteile, sagt Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion. Sie seien kostengünstiger und brächten dem Strafvollzug Einnahmen - 130.000 Euro in den letzten acht Monaten, betont Prechtl. Denn für die Fußfessel hebt die Justiz einen Mietbetrag von 22 Euro pro Tag ein.

Die Abbruchrate bei den Fußfesselträgern ist bisher übrigens gering: In nur fünf Fällen - zumeist wegen Alkoholmissbrauchs - mussten die Häftlinge in die Anstalt zurück. Ein Alkomat, der Kontrollen aus der Ferne ermöglicht, soll diese Zahl noch weiter senken.

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Justizministerium Strafvollzug in Österreich