Wolf Haas präsentiert sein neues Buch

Die Verteidigung der Missionarsstellung

Mit seinen Brenner-Krimis und dem Interviewroman "Das Wetter vor 15 Jahren" zählt Wolf Haas zu den erfolgreichsten österreichischen Gegenwartsautoren - gefeiert als Pop-Star der heimischen Literatur. Mit Spannung erwartet wurde jetzt sein neuer Roman: "Die Verteidigung der Missionarsstellung".

25.000 Euro Strafe drohte der Verlag Hoffmann und Campe jenen, die vor dem 30. August Details verraten. Alle haben sich an die Sperrfrist gehalten - bis Donnerstagabend. Da hat Wolf Haas vor großem Publikum aus dem Buch gelesen - beim Festival O-Töne im Wiener Museumsquartier.

Morgenjournal, 31.8.2012

Ein ungewöhnlicher Roman

Es ist eine witzige und unerhörte Geschichte, die Geschichte von Benjamin Lee Baumgartner. Der Sohn einer Hippiemutter ist der "beste Freund" von Wolf Haas oder genauer: der beste Freund des Ich-Erzählers Wolf Haas. Wir folgen Benjamin Lee vom London des Jahres 1988 bis in die Wiener Gegenwart, dazwischen liegen Stationen in Peking und Santa Fe, heftige Liebeswirren, die Suche nach seinem indianischen Vater und etliche Seuchen: Rinderwahn, Vogelgrippe und Schweinegrippe und all das hängt irgendwie zusammen mit dem Autor Wolf Haas, der eben als Ich-Erzähler zu dem Schluss kommt: "Frei Erfundenes klingt in einem Roman oft überzeugender und realer als die aus der Realität entlehnten Geschichten."

Dass das ein ungewöhnlicher Roman ist, sieht man schon beim ersten Durchblättern: da gibt es leere Seiten, schräge Zeilen, Abschnitte, die so klein gedruckt sind, dass sie nicht einmal mit der Lupe lesbar sind, seitenweise chinesische Schriftzeichen und Korrektur-Anmerkungen wie "zwei Seiten Landschaftsbeschreibung einbauen, die Exotik, blabla ein bisschen Bildungszeug und Reiseklimbim" oder: "Parkatmosphäre einfügen, evtl. von Bruno schreiben lassen oder von Helga, falls sie schon wieder da ist."

Sprachabenteuer und Verführung

"Mitten im Schreiben gibt es immer so Momente, das geht mir bei jedem Buch so, dass mir diese lineare Prosa irgendwie auf die Nerven geht", erzählt Wolf Haas, "ich habe immer das Gefühl, ich möchte dieses Buch irgendwie schütteln und zwischen die Zeilen reingreifen, um das ein bisschen lebendiger zu machen." Und so kreist die ganze wilde, doppelbödige Geschichte auch um die Sprache - um Sprachlosigkeit, Sprachreflexion und Sprachtheorie.

Für ihn sei es reizvoll, sich auf der Sprachebene Abenteuer zu machen, sagt Haas: "weil es geht ja um die Verführung zwischen Mann und Frau inhaltlich. Aber für einen Autor geht es ja immer auch um die Verführung des Lesers zum Weiterlesen, weil man ja nicht möchte, dass er mit einem anderen Autor fremdgeht, sondern dass er das Buch auch bis zum Ende liest." Ob bis zu diesem Ende der "Verteidigung der Missionarsstellung" auch ausführlich Platz eingeräumt wird, das sei hier nicht verraten - zum Titel sagt Wolf Haas nur so viel: "Man möchte sich einmal interessant machen, sozusagen."

Viel versprochen, noch mehr eingelöst.

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Hoffmann und Campe - Verteidigung der Missionarsstellung