Inseratenaffäre: "Politische Verantwortung offen"

In der Inseratenaffäre um Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist die politische Verantwortung weiterhin ungelöst, sagt der Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler im Ö1-Morgenjournal. Auch wenn die Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz erkennt, blieben Fragen offen, so Fiedler.

Franz Fiedler

(c) Schlager, APA / ORF

Morgenjournal, 6.11.2013

Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler im Gespräch mit Andrea Maiwald

Politische verantwortung ungeklärt

Zwei Inseratenaffären, in Kärnten führt sie zur Anklage, in Wien bleibt sie ohne Konsequenzen. Für Franz Fiedler, ehemaliger Rechnungshof-Präsident und Antikorruptions-Experte, ist es grundsätzlich verständlich, dass die Staatsanwaltschaft in den beiden Fällen zu unterschiedlichen Beurteilungen kommt. Die Fälle hätten zwar Parallelitäten, müssten aber strafrechtlich in jedem Einzelfall geprüft werden. Politisch bleiben im Fall Faymann/Ostermayer für Fiedler dennoch "Fragen offen". Unter Hinweis auf die Aussendung der Staatsanwaltschaft Wien hebt Fiedler hervor, dass demnach "konkrete Tathandlungen nur teilweise nachgewiesen werden konnten".

Für den Juristen heißt das, dass also doch konkrete Tathandlungen gesetzt wurden und dass zwar kein Schaden entstanden sei, aber doch "Missbrauch der anvertrauten Verfügungsgewalt" vorgelegen ist. Bei welchen Verantwortlichen, lasse die Staatsanwaltschaft allerdings offen. Die Öffentlichkeit hätte da das Recht, mehr zu erfahren, so Fiedler. Das sei auch im Gesetz vorgesehen. Fiedler hebt hervor, dass "die Tatsache, dass nunmehr von der Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz erkannt wird, noch lange nichts darüber aussagt, ob nicht eine politische Verantwortung dennoch in den Handlungen gelegen sein könnte."

"Heute auf jeden Fall rechtswidrig"

Dass der Rechnungshof im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft keinen großen Werbeeffekt der Faymann-Inserate für die ÖBB erkennen konnte, erklärt Fiedler mit unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben: Der Staatsanwalt gehe vom Strafrechtlichen aus, der Rechnungshof von der Zweckmäßigkeit, die er, Fiedler, übrigens ebenfalls nicht erkennen könne. Nach aktuellem Medientransparenzgesetz wäre die "Kopfwerbung" für Politiker und staatsnahe Unternehmen verboten und "nunmehr in jedem Fall rechtswidrig", so Fiedler.

Zum Eindruck, dass die juristische Entscheidung bis nach der Wahl hinausgezögert wurde, merkt Fiedler an, allein dass der Eindruck entstehe, schwäche das Vertrauen in die Justiz. Die Weisungsspitze dürfe nicht bei Justizminister/in liegen, sondern sollte unabhängig vom Justizministerium sein, so Fiedler: "Das ist eine langjährige Forderung von Transparency International, der bedauerlicherweise bis jetzt nicht nachgekommen wurde. Wenn die Weisungsspitze weiterhin im Ministerium angesiedelt ist, wird immer der Verdacht laut werden, dass die Entscheidung für oder gegen die Anklage politisch motiviert war."