Justiz: Neuer Minister, alter Interessenskonflikt?

Die Nominierung des Wirtschafts-Strafrechtlers Wolfgang Brandstetter zum neuen Justizminister durch die ÖVP stößt in Justizkreisen auf Überraschung. Zwar gilt Brandstetter als äußerst integre und fachlich kompetente Persönlichkeit. Inoffiziell gab es aber umgehend Kritik, weil der neue Justizminister in verschiedenen großen Wirtschafts- und Korruptions-Causen auf Seiten der Verteidigung aktiv war. Ein Interessenkonflikt?

Mittagsjournal, 13.12.2013

Verteidiger in prominenten Verfahren

Als angesehener Wirtschafts-Strafrechtsexperte hat der neue Justizminister Wolfgang Brandsetter als Strafverteidiger nie über mangelnde Auftragslage bei großen Ermittlungs- und Gerichtscausen zu klagen. BAWAG, Libro, Telekom oder Immofinanzstrafverfahren - der 56jährige Universitätsprofessor war auf der Verteidigerbank stets an vorderster Front. Zuletzt hat er Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bei der mittlerweile eingestellten Inseratenaffäre als Verteidiger vertreten. Auch bei noch laufenden Ermittlungsverfahren war Brandstetter zuletzt aktiv: Etwa in der nach wie vor laufenden Causa rund um den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev. "Merkwürdige Optik" war gestern gleich nach der Bestellung Brandstetters deshalb zu hören. Vor allem weil in der justizinternen Gerüchteküche zu hören ist, dass Vorgängerin Beatrix Karl (ÖVP) deshalb gehen musste, weil sie zu wenig Einfluss auf die Ermittlungen rund um die ÖVP genommen habe.

Vertretung bei Befangenheit

Nun steht Brandstetter als Minister an der Spitze der umstrittenen Weisungskette in der Justiz. Brandstetters langjähriger Kollege und Freund, Strafrechtsexperte Helmut Fuchs, sieht da keinen Widerspruch: Die Tätigkeit als Verteidiger sei die einzige praktische Tätigkeit, die man als Universitätslehrender machen könne. "Wir können nicht als Richter oder Staatsanwälte tätig werden."

Die Strafverteidigung sei daher für Universitätsprofessoren eine wichtige Bereicherung. Es kann nur von Vorteil sein, dass der Justizminister die Praxis kennt, so Fuchs. Ähnlich sieht das der Strafrechtsexperte Klaus Schwaighofer, aber er sagt auch, dass es durchaus Interessenskonflikte geben könnte, in denen Brandstetter schon als Verteidiger tätig war. "Dann wird er sich in diesen Fällen wohl für befangen erklären müssen und die Entscheidung seinem Sektionschef oder einem Ministerkollegen, der ihn vertritt, überlassen. Denn da wäre die Optik einfach zu schlecht und nicht vertretbar."

Schwaighofer ist aber überzeugt: Er kenne Brandstetter als äußerst kompetenten und sympathischen Kollegen. "Dass das ein Signal sein könnte, dass man gewisse Causen nicht aufklären will. Das kann ich mir absolut nicht vorstellen."

Politischer Quereinsteiger

In Expertenkreisen gilt Brandstetter übrigens als Skeptiker in Sachen Weisungsrecht. 2009 saß er im Expertenrat seiner Vorgängerin Claudia Bandion-Ortner für mehr Transparenz beim Weisungsrecht. Hier hofft Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung der österreichischen Staatsanwälte, auch auf neue Impulse durch den neuen Justizminister.

Grundsätzlich werden dem neuen Minister Justizintern Rosen gestreut: Liebenswürdig, kompetent, sachbezogen, seriös und äußerst korrekt, hört man von allen Seiten. Das betont auch Brandstetters Weggefährte Helmut Fuchs. Wie weit Brandstetter, der bisher politisch nicht engagiert war, in der Parteipolitik durchsetzt, bleibt abzuwarten.