Pensionen: Warnung vor statistischer Kosmetik

Die Pensionsreformen greifen zu langsam, sagt der Ökonom und Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh. Die Meldung, wonach das Pensionsantrittsalter heuer schon um einige Monate gestiegen ist, sei großteils auf statistische Kosmetik zurück zu führen, warnt Schuh.

Mittagsjournal, 30.5.2014

Richtige Richtung im Schneckentempo

Die Menschen gehen heuer um einiges später in Pension. Im ersten Quartal ist das Pensionsantrittsalter um fünf Monate gestiegen, sagte zuletzt Sozialminister Hundstorfer und bezog sich damit auf Berechnungen seines Ressorts. Das ist zwar korrekt, aber etwas geschönt. Denn durch eine der Pensionsreformen werden bisherige Invaliditäts-Pensionisten unter 50 Jahren nicht mehr miteingerechnet, weil sie jetzt keine Pension mehr bekommen, sondern Rehabilitationsgeld. Das wird vom Sozialministerium bestätigt und auch vom Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh vom industrienahen Institut ecoAustria: "Das Pensionsantrittsalter steigt, aber nicht in dem Ausmaß wie es die Statistik widerspiegelt."

Allein wegen dieser Änderung bei den Invaliditätspensionen würde das Pensionsantrittsalter heuer deutlich steigen, nämlich binnen eines Jahres um 1,3 Jahre, wenn auch nur in der Statistik. Das sei Pensionskosmetik, sagt Ulrich Schuh, attestiert der Politik aber auch, dass es bei den Pensionsreformen richtige Ansätze gebe, wie das Auslaufen der Hacklerregelung und die höheren Abschläge bei der Korridorpension. "Das heißt, wie sind in der richtigen Richtung unterwegs, aber im Schneckentempo."

"Nächste Reform kommt bestimmt"

Die nächsten Einschnitte ins Pensionssystem seien daher absehbar notwendig, so Schuh: "Die nächste Pensionsreform kommt auf jeden Fall, denn wir haben ein Pensionssystem, das auf die steigende Lebenserwartung überhaupt nicht ausgerichtet ist." Verschärfend kommen noch dazu, dass bald die Baby-Boom-Generation in Pension gehen wird.

Der Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh sagt, für die Regierungsperiode könnte der Budgetentwurf für die Pensionen noch halten, wenn auch der Bundeszuschuss um 2,5 Milliarden Euro oder gegenüber 2013 um 20 Prozent bis 2018 steige. Das sei ein "Riesenballast" für das Budget.

Ulrich Schuh sagt, aus seiner Sicht müsste die Pensionsformel geändert werden: Nicht nur die Versicherungszeiten und Pensionsalter sollten für die Höhe ausschlaggeben sein, sondern auch die Lebenserwartung mitberücksichtigt werden. Das hieße automatisch: länger arbeiten oder eine geringere Pension.