Im Journal zu Gast

Edit Schlaffer: Strategien gegen Dschihadisten

Die getöteten Dschihadisten waren Kinder von algerischen Zuwanderern - sie sind in Frankreich aufgewachsen, haben die Sprache perfekt beherrscht - sich aber trotzdem gegen ihr Heimatland gewandt. Auch Österreich steht vor dem Problem, dass Zuwandererkinder in den Islamismus abrutschen. Die Österreichische Soziologin Edit Schlaffer hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt - und fordert ein Umdenken in der Integrationspolitik.

Mittagsjournal, 10.1.2015

Edit Schlaffer im Gespräch mit

Edit Schlaffer

Edit Schlaffer

PRIVAT

Die getöteten Terroristen in Paris waren Franzosen mit algerischem Hintergrund, wurden in den vergangenen Jahren als Dschihadisten rekrutiert. Spätestens seit Mitte letzten Jahres ist dieses Phänomen auch hierzulande ein großes Thema: dass Jugendliche oder junge Erwachsene plötzlich für den Propheten Mohammed entflammt sind, für ihn töten und sterben würden. Viele fragen sich: wie kommt es dazu, welche Mechanismen wirken da und vor allem, wie kann es verhindert werden. Die Österreichische Soziologin Edit Schlaffer forscht seit Jahren auf diesem Gebiet. Sie ist Gründerin und Obfrau des internationalen Vereins "Frauen ohne Grenzen" und hat die letzten Jahre intensiv mit Müttern von Dschihadisten und Selbstmordattentätern in aller Welt gearbeitet. Für sie sind die Mütter der Irregeleiteten der Dreh- und Angelpunkt zur De-Radikalisierung. Ein mühsamer aber wirksamer Weg, der auch große Anforderungen an die Schule und das Elternhaus stellt.

Bei Müttern ansetzen

In einer großangelegten Studie hat Schlaffer den Fokus auf die Mütter gelegt. Sie zu stärken, ihnen Selbstvertrauen zu geben, die heiklen Themen direkt anzusprechen, das gelang in so genannten Mütterschulen gegen Extremismus. Die Arbeit mit den Müttern gebe auch direkten Einblick in das neue Leben der Kinder. Diese stünden auch weiterhin in Kontakt zu ihren Familien. Dadurch sei es möglich von den Verzweiflungen der Kinder zu erfahren. Vor allem im Vorfeld sei noch viel zu tun. Man müsse dort ansetzen, wo die jungen Leute verführt werden, wo sie die Ablehnung der westlichen Werte erfahren und effektive Maßnahmen setzen.

Versäumnisse sieht Schlaffer in der österreichischen Integrations- und Bildungspolitik. Der sorglose Multikulti- Umgang miteinander, die Selbstverständlichkeit der Kooexistienz sei nicht gegeben. Muslimische männliche Jugendliche etwa hätten alarmierende Meinungen über Mädchen. Dieses Wissen müssen sofort in Taten, in Projekte umgesetzt werden, forderte Schlaffer. Gefordert seien hier sowohl Integrations- als auch Bildungsministerium. Der einzig verbindliche Ort für alle Jugendlichen sei die Schule.