Zweifel an der EZB-Entscheidung

Die Europäische Zentralbank startet im Kampf gegen die Konjunkturflaute eines der größten Anleihe-Kaufprogramme, das es je gegeben hat. Insgesamt will die EZB Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Volumen von mehr als tausend Milliarden Euro kaufen und so Geld ins Finanzsystem pumpen. Doch nicht alle Mitglieder des EZB-Rates, der die Entscheidung gestern getroffen hat, haben zugestimmt.

Mittagsjournal, 23.1.2015

Kritik an den Ankaufsplänen der EZB ist schon seit Wochen zu hören gewesen, auch von Mitgliedern des EZB-Rates - des obersten Beschlussorgans der Europäischen Zentralbank. Im Rat sitzen sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums, allen voran EZB-Präsident Mario Draghi und die Nationalbank-Präsident der 19 Euro-Staaten.

Der Rat trifft die meisten Entscheidungen mit einfacher Mehrheit, dabei hat jedes Mitglied hat eine Stimme. Gestern war die Mehrheit für das Anleihen-Kaufprogramm groß, erklärte EZB-Präsident Draghi nach der Sitzung, so groß, dass nicht abgestimmt werden musste, ergänzte Draghi. Das bedeutet aber auch, dass es Gegenstimmen gab: Der stärkste Widerstand kam im Rat offenbar von den deutschen Mitgliedern, von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und von Sabine Lautenschläger, die für Deutschland im EZB-Direktorium sitzt. Sie kritisieren, dass der Ankauf von Staatsanleihen zu früh kommt. Beide sollen im Rat gegen den Beschluss gestimmt haben. Das war aus dem Umfeld der Verhandler zu erfahren, die Beratungen sind aber grundsätzlich vertraulich.

Einen Vorbehalt räumt auch der Gouverneur der österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, heute früh im Österreich 1-Morgenjournal-Interview ein: Er habe den Beschluss nicht mitgetragen, wie er zu früh komme.

Auch von den Notenbankchefs aus den Niederlanden und Estland soll es Vorbehalte gegen das Programm gegeben haben, sie haben sich also wohl der Stimme enthalten. Wie in Sitzungen des EZB-Rates tatsächlich abgestimmt wurde, bleibt vertraulich. Die Protokolle werden nicht veröffentlicht. Aus Äußerungen von Teilnehmern lassen sich im Nachhinein aber Schlüsse ziehen, und die zeigen, dass Gegenstimmen und Enthaltungen bei Abstimmungen im EZB-Rat nichts Außergewöhnliches, sind. Zuletzt auch bei der jüngsten Entscheidungen, den Leitzins in der Eurozone auf ein Rekordtief zu senken. Entschieden wurde dann aber mit einfacher Mehrheit.