Zahlenwirrwarr um Asylanträge

Seit heute kann Österreich per Verordnung den Umgang mit Asylwerbern verschärfen, wenn eine Obergrenze von 37.500 erreicht wird. Rätselraten herrscht seit Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) aber darüber, wann und unter welchen Umständen diese Obergrenze erreicht wird. Woher stammen die unterschiedlichen Zahlen, und wie viele Asylanträge, wie viele Dublin-Verfahren und wie viele Zulassungen zum Asylverfahren gibt es wirklich? Ein Überblick über die verschiedenen Zählarten.

Asylwerber

APA/HERBERT NEUBAUER

Mittagsjournal, 1.6.2016

Die Fakten:

Das Zahlenwirrwarr ist perfekt. Aber die Fakten sind folgende. Laut Innenministerium gab es heuer bisher knapp 22.000 Asylanträge. Davon aber sind 3.000 Anträge auf Familiennachzug. Und 7.000 sind sogenannte Dublin-Fälle, Asylwerber also, wo geprüft wird ob nicht eigentlich ein anderer europäischer Staat zuständig ist. Bleiben also 11.000, laut Innenministerium mittlerweile eigentlich 12.000, die wirklich neu zugelassen sind zum Asylverfahren in Österreich. Und diese 11.000 bis 12.000 dürfte Bundeskanzler Christian Kern gestern gemeint haben.

Aber manches spricht dagegen, dass man diese Zahl verwendet. Erstens berichten die Medien im Zusammenhang mit der Asyl-Obergrenze seit Wochen von bisher rund 20.000 Asylwerbern und nie hat die Politik, hat das Innenministerium diese Zahl korrigiert. Es ist auch die einzige Zahl, die auf der Internet-Seite des Ministeriums aufscheint.

Zweitens: Die meisten der 7.000 Dublin-Fälle dürften sehr wohl auch in Österreich bleiben und hier ein Asylverfahren bekommen. Im gesamten Vorjahr gab es nur 1300 Dublin-Rückstellungen - etwa nach Italien oder Slowenien, wenn die Betroffenen dort schon einen Asylantrag gestellt hatten. Nach Ungarn werden derzeit überhaupt keine Asylwerber zurückgebracht - das sind rund 2.000, die fast sicher in Österreich bleiben.

Der dritte mögliche Kritikpunkt hat es besonders in sich: Wenn man schon statt Asylanträgen die Zulassungen zum Asylverfahren im heurigen Jahr zählt. Dann könnte man auch geschätzt rund 5.000 Asylwerber dazurechnen, die zwar ihren Asylantrag schon im Vorjahr gestellt haben, die aber erst heuer zum Asylverfahren zugelassen wurden.

Also: Je nachdem, welche Zählmethode man wählt könnte man also auf 11.000 Asylwerber kommen, oder auf 13.000, wenn man die Ungarnfälle einrechnet, auf geschätzt 17.000, wenn man alle Zulassungen heuer rechnet oder eben auf 22.000 wenn man doch die Asylanträge als Basis nimmt.

Wie gesagt ein Wirrwarr, wobei zur Verwirrung schon auch die dürftige Asylstatistik des Innenministeriums beiträgt, in der die Anträge auf Familiennachzug und die Dublin-Fälle nicht extra ausgewiesen werden. Nur so war es möglich, dass die Politik nun die Journalisten, die Bürgerinnen und Bürger überrascht mit neuen und anderen Zahlen.